Rapper, Schauspieler, Naturliebhaber: Lukas Strobel alias Alligatoah lässt sich in keine Schublade stecken und vereint sämtliche Einflüsse zu einem Gesamtkunstwerk. Dabei überschreitet er gern die Grenzen und spricht als Satiremeister Themen an, die ihn und viele seiner Zuhörer beschäftigen – in einem lockerleichten musikalischen Umfeld platziert, avanciert der 28-Jährige somit zu einem der besten Hip-Hopper Deutschlands. Während seine offiziellen Alben stets einem roten Faden folgen und bestimmte Oberthemen behandeln, hat Strobel vor zwölf Jahren mit „Schlaftabletten, Rotwein“ eine Mixtape-Reihe ins Leben gerufen, um sich musikalisch auszuprobieren – ganz ohne Konzept. Das Feedback der Fans scheint überwiegend positiv auszufallen, immerhin steht nun der fünfte Teil in den Startlöchern:
„Ich hatte mal wieder Lust darauf, eine Platte zu produzieren, die in alle möglichen Richtungen geht – sowohl musikalisch, als auch von der Thematik her. So finden sich auf diesem Werk besonders viele Metal-Elemente wieder. Dieses Genre höre ich privat von klein auf am liebsten – man könnte sagen, ich habe es mit der Muttermilch aufgesogen. Bands wie System Of A Down und Slipknot haben mich durch meine Jugend begleitet, weshalb ich froh bin, dass ich für diesen Einfluss nun Verwendung finden konnte.“, erzählt Strobel im Interview mit OXMOX, „Ich habe mit der Produktion direkt nach der Veröffentlichung von „Musik Ist Keine Lösung“ (2015) angefangen und stellte fest, dass mir das Songwriting nicht mehr so leicht von der Hand geht. Zum einen, weil ich zu vielen Dingen schon etwas gesagt habe und viele Reime schon verwendet habe, zum anderen, weil der Anspruch, den ich an mich selbst habe, immer höher wird.“. Doch was lang währt, wird endlich gut. Die 16 Tracks sind fertig und kommen im typischen Alligatoah-Gewand daher: „Mein Hauptsteckenpferd ist es, ernste Themen in leichtverständliche Texte zu verpacken – diese hülle ich dann in ein fröhliches, musikalisches Kleid ein. Ich mag es, Gefühlswelten aufeinanderprallen zu lassen, um den Hörer zu irritieren.“.
Als kleine Überraschung veröffentlicht der Niedersachse mit „Fremde Zungen“ zusätzlich und erstmalig ein Coveralbum, auf dem er sich vor den Künstlern verneigt, die ihn sein Leben lang auf den Ohren begleitet haben (u. a. Sia, Slipknot): „Es schlummerten zwei Ideen in mir, die dazu führten, die Covers zu produzieren. Zum einen wollte ich schon immer mal Songs im Wald aufnehmen, mit der wunderschönen Geräuschkulisse, und zum anderen möchte ich den Leuten zeigen, was mich inspiriert hat., merkt Strobel an. „Am liebsten höre ich mir meine Version von „Duality“ (Slipknot) an. Toller Track mit gleichmäßig starken Gesangs- und Rap-Parts. Zudem das einzige Lied, in dem ich bewusst die Waldgeräusche, wie Blätterrascheln oder Baumstammtrommeln einfließen ließ.“.
Die Natur trägt nicht nur auditiv einen Teil zu den Stücken bei, sondern auch visuell. „Alles, was meine Sinne wahrnehmen, ist Inspiration. Ich bin einst an einen Industrie-Wald vorbeigekommen. Als ich dort entlangfuhr, sah ich, dass überwiegend Chaos vorherrschte. Doch dazwischen gab es einige Bäume, die geordnet in Reih und Glied standen. Diese Struktur – der Mix aus Chaos und Ordnung – habe ich als Bridge in „Raubkopierer“ eingefügt, weil ich es lustig fand, die Wörter ebenso durcheinander fallen zu lassen.“.
Die Frage, ob der Rapper solo sei, müssen wir übrigens verneinen. Denn seit 2009 mischt er mit einem Anteil von 25 % bei der Hip-Hop-Gruppe Trailerpark mit. Diese glänzt u. a. mit Vulgarität und FSK 18-Konzerten. Goldene Schallplatten und ausverkaufte Touren zeigen, dass dieses Konzept hervorragend aufgeht. „Zwischen meiner Einzel- und Gruppen-Arbeit gibt es kaum Unterschiede. Da jeder Charakter seine Strophen selbst schreibt, findet dort ebenfalls zu 100 % Alligatoah statt.“.
Mal ist er ein Arzt, mal Beautyqueen und hin und wieder auch ein Terrorist. Alligatoah kann man als eine künstlerische Maske betrachten, die stets gewechselt, doch nie abgelegt wird. „Ich verkörpere in meinen Texten immer das krasse Gegenteil von dem, was ich wirklich bin. So bin ich in Wahrheit ein sehr friedliebender Mensch, der am liebsten in der Natur abschaltet – der Protagonist meiner Tracks kann dahingegen gut und gern mal ein cholerischer Umweltverschmutzer sein.“, erklärt Strobel, „Ich hatte schon immer diesen schauspielerischen Ansatz in meiner Musik und will das so auch weiter durchziehen. Es gibt genug Künstler, die ständig von sich selbst erzählen. Es wäre ziemlich einschläfernd, wenn ich von meinem ruhigen und harmonischen Leben berichten würde.“.
Am 03.02.19 wird der spannende Mix aus Musik und Schauspiel auf die Bühne der Sporthalle gebracht – die eingeschworene Band, die aus Gitarrist, Drummer, DJ, Klarinettist sowie BattleBoi Basti besteht, ist auch wieder am Start. „Das wird meine bisher aufwendigste Show. Angefangen mit einer Bleistiftskizze, wie die Bühne aussehen soll, habe ich meiner Crew und den Bühnenbildbauern schon schlaflose Nächte bereitet. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen … aber ich werde wieder einen Hut tragen!“, freut sich Strobel.
Mit unserer Hansestadt assoziiert der 28-Jährige übrigens ausschließlich Positives: „Als Kind war ich oft und gern im Stadtpark unterwegs – auf den grünen Wiesen habe ich viele schöne Stunden verbracht.“.
Justine Stock
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