Seit 1614 steht das verwinkelte Gebäude des Thomas Read (kurz „TR”, Nobistor 10). Gut und günstig. Von Holzbar bis HighEnd Technology: lm TR wirds nie langweilig.
Dafür sorgen die engagierten Betreiber des Hamburger Irish Pub Nummer 1. An der Bar, im Pub, im Club, auf den Mainfloors, in der Lounge, auf dem Live-Floor und in den beiden Outdoor – Locations. Mit angesagten DJs, witzigen Motto-Parties und fairen Preisen (Bier 3,50). Auch Newcomer-Acts können live spielen – und das ganz ohne das „pay to play“ Abzocker – Prinzip eines gewissen anderen.
Gemeinsam mit Bruder Max Becker (26) und seinem Kumpel Daniel Ikar leitet Tim Becker (32) gleich mehrere angesagte Kiez – Clubs, zu denen auch das Frieda B. (Hans—Albers-Platz 25), die China Lounge (Nobistor 14) und die Albers Bar (Reeperbahn 102) zählen. Jede Menge Arbeit, Organisationstalent, Fleiß, immer wieder frische Ideen, viel Verantwortung – und wie der sympathische Jung-Chef beweist — auch Spaß. Denn ohne Herzblut und Freude wäre es wohl keinem möglich, so viele erfolgreiche Läden am Laufen zu halten, was auch ihr Motto „Wir feiern, weil wir gerne feiern“ bestätigt. Ein 7-Tage-Job, der den Becker-Brüdern, die in St-Pauli aufgewachsen sind, in die Wiege gelegt wurde. Eine Leistung, die Organisationsgenie Tim bescheiden als „ist doch ganz normal“ abtut.
Da das TR am Ende der Reeperbahn gelegen ist und man erstmal die 30-40 Stufen nach oben steigen muss, besteht das Publikum aus 80% Stammgästen, die oft in großen Gruppen kommen und 20% Touristen und zufälligen Gästen. Der eine will nur im Pub ein Bier trinken, der andere tanzen oder seinen ]unggesellenabschied feiern. Willkommen ist jeder, der er selbst ist von Mi-Sa ab 18 Uhr. Gerade diese Vielfalt an Gästen und Unterhaltung macht das TR so besonders. Im Irish Pub werden rund 280 Sorten Whiskey und 10 Sorten Bier angeboten. Unten gibt’s Rock auf die Ohren, während im Main-Floor Black-Music und Electro gespielt wird.
Einzigartig: Jeder Floor hat einen Außenbereich, in dem ab 15°C weitergefeiert werden kann. Und das samt DJ, Musik – und Lichtanlage.
Der größte Floor bietet Platz für 400 Leute. Insgesamt sind schon mal 1000 – 1.500 Leute in dem Kiez-HotSpot.
Während eines leckeren mexikanischen Lunchs bei Tex‘s Bar-B-Q (Millerntorplatz 1) mit anschließender Führung durch TR und die China Lounge (kurz „CL“), gewährt Tim uns – exklusiv für die OXMOX Leser – einen Blick hinter die Kulissen.
Ganz nebenbei engagiert Tim sich auch gegen den neuen GEMA – Tarif. Die von ihm unterstützte Petition www.clubretterde hat bereits weit über 250.000 Unterschriften gesammelt. Mit Schildern „Ab 2013 geschlossen wegen GEMA-Erhöhung“ oder einem gemeinsamen, minutenlangen Abschalten der Musik um Mitternacht, um den feiernden Gästen einen Vorgeschmack auf das Worst-Case-Scenario eines Club-Sterbens zu geben, mehr Leute auf die geplanten Tarife aufmerksam zu machen und so das Interesse der Allgemeinheit an dieser schwierigen Diskussion zu wecken.
“Jeden Tag 17 Stunden arbeiten, nicht ein einziges Wochenende frei haben… Da kann es nicht sein, dass wir nach dem neuen GEMA-Tarif noch drauf zahlen sollen“, so Tim besorgt. „Normalerweise buchen wir bereits 1/2 Jahr im Voraus ein paar geile Acts und DJs als Programm—Highlights. Für 2012 haben wir noch gar nichts, weil wir einfach noch nicht wissen, was mit der GEMA wird. Im Booking macht sich das bereits sehr stark bemerkbar. Besonders, da Live-Auftritte in Clubs die einzige Einnahmequelle vieler Künstler sind, die ab nächstem Jahr ersatzlos wegzufallen droht. Die meisten halten das für einen schlechten Scherz. Wir haben rund 80 Angestellte, die alle pünktlich ihre Kohle haben wollen. Denen kann ich ja nicht plötzlich sagen: “Sorry, hat diesen Monat nicht geklappt. Mal sehn ‘, wie es nächsten Monat aussieht. ”
Auch das GEMA—Argument, dass es den neuen Tarif in Ländern wie Spanien bereits geben würde, überzeugt ihn nicht. Tim: “Ich war letztens auf einer Veranstaltung in Barcelona und habe 12 Euro für ein Bier bezahlt. Das wohl teuerste Bier, das ich je getrunken hab. Da schlagen die Clubs die zusätzlichen Kosten einfach auf die Getränke drauf. Das ist doch den Gästen gegeniiber nicht fair. “ Eine Lösung hat der kreative Kopf bereits parat. Tim: „Es wäre viel einfacher und würde tatsächlich bei den Künstlern ankommen, wenn wir pro gespieltes Lied extra 3-4 Euro GEMA-Gebühren zahlen. Inzwischen hat doch jeder so ein Shazam Musikerkennungsprogramm. Wir hatten uns überlegt, dass man doch in allen Clubs und Dancefloors sowas installieren könnte, was dann 1 zu 1 pro Song mit dem jeweiligen Künstler abgerechnet wird, in dem die gespielten Lieder automatisch erkannt werden. Wir spielen auf einem Floor z.B. auch viel Dubstep, von dem fast 80% GEMA-frei ist. Das wäre eine faire Lösung und ein geringer technischer Aufwand. Sowas kostet dann vielleicht mal 5.000 Euro pro Box, also bei uns 15. 000 Euro für 3 Floors. Wenn man das mit den geplanten GEMA-Gebühren vergleicht, die wir zahlen sollen (rund 180.000 Euro!!!)… Da ein kleiner Eckladen nicht eben mal 5, 000 Euro für sowas hinblättern kann, würden sogar die großen Clubs freiwillig mehr bezahlen, um die kleinen zu entlasten, die dann z.B. nur 1.000,- Euro bezahlen und wir dafür 7. 000.- Euro. Da würde sich kein Laden drüber beschweren und auch der GEMA würde Verwaltungsaufwand erspart werden, wenn man alles automatisch über so einen Computer laufen lässt. Momentan wird die GEMA ja noch an Hand der Media Control Charts aufgeteilt. Die ersten drei Plätze sind dann irgendwelche DSDS Stars. Also den Club will ich mal sehn, der sowas spielt…“
Im schlimmsten Fall, wenn der neue Tarif am 1.1.2013. in Kraft treten sollte, was wohl das sichere Aus für Viele Clubs bedeuten würde, müßten sich neue Wege auftun, die dann aber wohl nicht so zur Freude der Behörden ausfallen würden…
Tim: „Das einzig Positive, wenn das kommt mit den GEMA-Gebühren: Dann wird es bestimmt wieder ganz viele tolle Geheimkonzerte geben. So illegale Sachen, Partys auf versteckten Feldern. Da wird ne ganz tolle neue Szene entstehen. Die Behörden werden sich tierisch freuen, dass sie sich wieder auf die Jagd machen müssen nach Flyern und so, wobei das heutzutage mit Facebook natürlich schwer ist… In New York machen sie schon ganz coole Parties, bei denen man sich irgendwo trifft dann kommen 10 Busse an, in die alle einsteigen, ohne das Ziel zu kennen. Das haben zB. Jay-Z und Puff Daddy grad gemacht. Da gibt es sogar ein ganz tolles Video zu. Die fahren dann also zB in eine kleine Straße in Brooklyn, die extra gesperrt wurde und dann kommen als Überraschung die Fugees in alter Gruppierung! Großartig! Und man weiß vorher nicht, was kommt. Wobei man ja nie weiß, ob so ‘n komischer GEMA- Angestellter in einem der Busse sitzt. Da muss man dann natürlich auch noch aufpassen. Früher haben die sich extra angemeldet, gesagt.‘ ‘Wir kommen heute vorbei, alles angucken. ‘ Heute ziehen die nachts los, zahlen Eintritt, gucken sich alles an, rufen dich Montag an und sagen, was ihnen aufgefallen ist. Hatten wir letztens. Richtig Stasi-mäßig! Daher planen wir jetzt auch ein Schild. wie die das beim Ebert‘s zB schon haben „Hausverbot für Mitarbeiter der GEMA“. Abgefahren aber richtig so!“
Wie bringt man es so weit?
Tim: „Zufall. Eigentlich wollte ich mit meinem Daniel zusammen nach unserer Ausbildung zum Hotelkaufmann (ich im Madison, er im Radisson) erstmal nach New York. Dort im Hotel arbeiten. Dann wurde uns der ausgelaufene TR-Mietvertrag angeboten. Das TR war im Grunde nur ein Irish Pub, bis wir kamen. Die ersten 2-3 Jahre hatten wir richtig zu kämpfen, um alles richtig aufzustellen. Daniel macht jetzt die CL direkt nebenan. Die haben wir aber erst vor 2 Jahren übernommen, als wir gesehen haben, dass sich das Publikum überschneidet. Daher gibts es jetzt auch ein Kombi-Ticket, mit denen man vergünstigt in beide Läden kommt. Seit dem ist die CL etwas mainstreamiger geworden. Wir haben alles erweitert, eine riesen Open-Air-Tanzfläche gebaut. Ich mag das ja, wenn man ohne stickige Luft tanzen kann.”
Das TR hat sich dank Tim & Team zu einem richtigen Live-Laden gemausert, in dem jeden Tag (Mi-Sa) Bands auftreten.
Tim: „Wir haben u.a. richtig gute Cover-Bands, die man auch vom Albers-Platz kennt, aus Läden wie dem Molly Malone. Das sind ja gefühlte 10 Bands in Hamburg, die von Bar zu Bar tingeln und richtig fit sind. Steve Kavanagh, Dara McNamara… Einige spielen hier schon seit wir angefangen haben. Dave Ashby ist auch so ein Urgestein. Der spielt seit 12 Jahren das genau gleiche Set. Unser Personal fiindet´s schon etwas anstrengend. Aber die Gäste lieben ihn und singen jeden Song mit. Die verlassen sich drauf, dass nach Yellow Submarine die Cranberries kommen usw. Wir unterstützen mit Konzertreihen wie Rock im Read (kurz „RIR“) neue Talente. Wir wollten auch gezielt mehr in die Rockrichtung gehen. Das haben wir uns vor 3 Jahren ausgedacht. Mittlerweiler findet RIR bereits 2 x im Monat statt. Da treten dann 5-6 Newcomer-Bands auf. Jeder kann sich mal ausprobieren, auch Bands, die noch nie auf der Bühne standen. Wir bieten denen die Möglichkeit, ohne Kosten live auf der Reeperbahn aufzutreten. Wir organisieren einen professionellen Mischer, das Equipement, stellen die Bühne und sorgen für ein Publikum, das die Auftritte bewertet. Es gibt zwar keine Gage, aber auch keine Kosten für die Bands. Und einen Haufen Bier bekommen die Musiker auch. Das hat sich echt toll entwickelt mit 200-300 Zuschauern, je nach Bands. Das ist schon eine Menge, besonders, da wir das gar nicht bewerben (außer im OXMOX). Da nehmen wir auch ab -und an Kohle in die Hand, um noch einen Act dazu zu buchen, damit die Newcomer vor mehr Leuten spielen. ZB: hatten wir hier schon Le FlyLotto, King Karl uvm.
Was ist ein normaler Tag in Deinem Leben?
Tim: „Samstag geht´s gegen 16/17 Uhr los, dann fängt man an erstmal die ganzen Sachen vom Vortag zu kontrollieren. Getränkekästen. Bestandslisten. Dann werden die Bestellungslisten gemacht, man fängt an Wechselgeld für die einzelnen Bars vorzubereiten. Um 18 Uhr macht das Pub auf, um 22 Uhr folgen die Clubs. Dann muss man rumgehen alles kontrollieren, ob die Kühlschränke funktionieren, ob die Musikanlage geht. Es wird alles einmal getestet, damit man nicht erst mitten in der Nacht sieht, wenn etwas kaputt ist. Wir haben für jeden Laden einen Betriebsleiter eingesetzt, der den Betrieb an dem jeweiligen Abend leitet und alles kontrolliert, wobei ich das meist auch noch selbst mit mache. Ich fühle mich einfach besser, wenn ich alles selbst mache, so wie ich mir das eben vorstelle. Dann muss z.B. das Licht noch mehr gedimmt werden usw. Bis alles eine eigene Note hat, was bestimmt leicht anstrengend für alle Anderen ist…” lacht der bekennende Perfektionist. „Ab 22 Uhr wird´s dann so langsam voll und man hofft, dass nichts passiert, was außer der Reihe ist. Die besten Abende sind die, an denen man einfach nur rumsteht durch die Gegend geht und schaut, ohne was zu finden. Wenn man also nichts zu tun hat, war ‘s ein guter Abend. Dann war die Vorbereitung die Woche über super, die Personalplanung perfekt, die Bestellungen so, dass an keiner Bar was gefehlt hat…”
Viele Leute sagen: ‘Deinen Job hätte ich auch gern. Du musst die ganze Zeit hier nur rumstehen mit so vielen gut gelaunten Leuten, Alk und Party… Wenn man denen mal erklärt, dass man eigentlich jeden Tag arbeitet, nicht nur 5 Tage die Woche, sondern 7. Zwar nicht jeden Tag 100%, aber dafür arbeiten wir jeden Freitag und Samstag. Jeden Sonntag muss die Abrechnung gemacht werden, weil Montag dann alles zur Bank muss und die Ware neu bestellt wird.
Bei uns sieht das klassische Wochenende so aus, dass man freitagmorgens um 5 Uhr von irgendeiner Donnerstags-Veranstaltung nach Hause kommt, die nicht so richtig geil war. Aber man machts halt. Freitag freut man sich schon drauf weil ‘s da auf jeden Fall besser wird. Das ist meistens der Tag, an dem man Specials geplant hat. Schaumparty, Beachparty im Sommer, oder eine Aprés Ski Party im Winter… Dann wird Freitagnachmittag die Disco dekoriert und abends geht ’s los, Man kommt Samstag morgens gegen 7 Uhr nach Hause, wenn ‘s gut läuft. Meistens eher um 8 Uhr. Manche gehen dann noch frühstücken viele gehen direkt ins Bett und haben gar keinen Bock mehr auf irgendwas. Es gibt auch Leute, die dann noch auf dem Hamburger Berg selbst noch bis 14 Uhr feiern. Aber aus dem Alter sind wir raus. Wenn man morgens um 8 Uhr erst schlafen geht, steht man vor 16/17 Uhr auch nicht auf und am nächsten Tag geht´s ja um 16 Uhr schon wieder los mit den Vorbereitungen von Samstag. Sonntag morgens ist man dann so um 9 Uhr zu Hause und dann ist das Wochenende auch durch. Aber es ist halt sehr erfüllend, macht einfach mega Spaß, wenn die Leute alle gut drauf sind, alles super gelaufen ist und so.”