Die ersten und die letzten Schritte vergisst Du nie
„… mit 18 rannte ich in Düsseldorf rum, war Sänger in ´ner Rock and Roll Band. Die Gitarren verstimmt und es ging tierisch los und wir hielten uns für Genies …“ („Mit 18“; aus dem neuen Album „Mit Pfefferminz bin ich Dein Prinz“ von Marius Müller Westernhagen)
An meinem 18. Geburtstag war ich erst wenige Wochen zurück von einem Highschool Jahr in den USA, die Berliner Mauer war ca. drei Wochen vorher gefallen und auch, wenn es den Bandnamen noch nicht gab, H-Blockx lag in der Luft. In einem Vorort von Münster hatte ich im Haus meiner Eltern sturmfrei und ein gemütlicher Doppelkopfabend geriet etwas aus den Fugen.
Ich habe das Gefühl, dass ich in der Nacht die Haustür der Volljährigkeit aufgerissen habe, um dem Leben entgegenzurennen.
Ich wollte Menschen treffen, etwas erleben.
Es war um 1991, als unser erstes Demo irgendwie bei den legendären Peter Meisel und George Glück in Berlin gelandet ist. Die Beiden glaubten offenbar, dass da ein ungeschliffener Diamant auf eine Veredelung wartete und luden uns nach Berlin in die Büros in der Wittelsbacher Straße 18 ein. Die Wände der Büros schienen unter der Last der Gold- und Platinauszeichnung zu kollabieren, wie kurz zuvor die Mauer.
Wir hatten gerade eine handvoll Konzerte gespielt und wollten weiter auf die Straße.
Ehrlich gesagt habe ich vieles aus den Gesprächen zunächst belächelt, weil die Manager und wir aus total verschiedenen Welten kamen. George und Peter sprachen anders, als die Szene aus der wir kamen.
Ich konnte nicht ahnen, wie sehr mich ihre Ratschläge und die Gespräche mit ihnen bis heute prägen würden.
Nach diesem ersten Treffen hatten wir das Gefühl, dass uns nichts mehr stoppen könne. Es gab zwar noch das Damoklesschwert des „fehlenden“ Hits über unserer künstlerischen Freiheit, aber das haben wir damals ignoriert.
Stattdessen verließen wir uns auf unsere Demos und unser Zuhause, um an jeder Steckdose in Deutschland live zu spielen.
Die Single ließ noch drei Jahre auf sich warten. Wir hatten zwar mittlerweile viel Liveerfahrung, aber wann „durften“ wir endlich die Platte aufnehmen?
Die Diskussionen darüber zermürbten das Label, unsere Produzenten und uns gleichermaßen.
Frust kam auf und schließlich schickte George uns ins Studio, damit wir „Time to Move“ aufnehmen konnten.
In dem Gefühl, das Match gewonnen zu haben, nahmen wir innerhalb von zehn Tagen 13 Songs auf. Unter anderen auch drei neue Songs. Darunter den Titel „Move“ und die heute bekannte Version von „Risin´high“.
Wir waren stolz auf dieses Album, aber erwarteten nicht, dass das Label neue Begeisterung zeigen würde.
Aber Alles kam anders:
Ein euphorischer Anruf aus Berlin veränderte mein Leben. Es dauerte zwar noch ein Jahr, bis das Album veröffentlicht wurde, aber es war der Start zu einem Rennen, nach diesem Gefühl. Dem Gefühl aus purer Begeisterung und Leidenschaft für eine Sache, etwas zu schaffen, das bleibt.
H-Blockx feiern 2020 das 30-jährige Bühnenjubiläum. Ich bin für jeden Tag dankbar, für alles was zwischen meinem 18. Geburtstag und heute lag. Oft gab es das Gefühl, ich hätte doch besser was „ordentliches“ gelernt, aber es gab auch so viele Momente, die man mit Geld nicht bezahlen kann. Ich habe meine Ansprüche an das Leben etwas korrigiert und bin mit der bisherigen Sammlung von o.g. Erlebnissen ganz zufrieden.
Heute verstehe ich, was George und Peter und all die vielen Menschen auf meinem Weg mir geschenkt haben: Erfahrung. Diese Erfahrung ist es, die mir Hoffnung gibt, immer wieder einen Neuanfang zu wagen.
„…wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät, stimmt es, dass es sein muss? – Ist für heute wirklich Schluss? – Heute ist nicht alle Tage ich komm´ wieder, keine Frage…“
(„Wer hat an der Uhr gedreht“; von Paulchen Panther)
Foto Beitragsbild: Ricarda Spiegel