Sie sind Mitbegründer des Punkrock, wurden gefeiert und ausgebuht, zerschlugen Bässe, erschossen Renntauben und galten als „The only band that matters“: The Clash veränderten Musik für immer, ihr Einfluss war enorm. Aus ein paar Londoner Jungs wurden gefeierte Rockstars, die auch fast 35 Jahre nach ihrer Auflösung noch unvergessen sind.
Wir befinden uns im Jahr 1976 und die Punkbewegung überrollt ganz England wie im Sturm. Auch der Diplomatensohn John Graham Mellor, später Joe Strummer, der eigentlich Graphikdesigner werden wollte, wird Teil der Szene und spielt zunächst in einer Pub-Rock-Band namens „The 101´ers“. Inspiriert von einem Sex Pistols Konzert verlässt er diese jedoch kurze Zeit später, um Gitarrist der Punkband London SS zu werden, in der er seine späteren Bandkollegen Paul Simonon (Bass) und Mick Jones (Gitarre) kennenlernt. Kurz darauf begegnen die Musiker dem Manager Bernard Rhodes , der sie unter dem Namen The Clash bekannt machen sollte.
Schon bald spielten die drei, nun ergänzt durch Drummer Terry Chimes und GitarristKeith Levene, ihren ersten Gig 1976 als Vorband der Sex Pistols. Obwohl die beiden Guppen oft miteinander verglichen wurden, hätten sie nicht unterschiedlicher sein können; währen die Sex Pistols für ihre provokative Art bekannt waren, setzten The Clash sich politisch ein. Diesen Standpunkt machten sie gleich zu Beginn ihrer Karriere in einem Interview klar: „We´re anti-Facist, anti-violence, we´re anti-racist and we´re pro-creative“ (dt. „Wir sind Antifaschisten, gegen Gewalt, gegen Rassismus und pro-kreativ“). Auch Manager Rhodes ermutigte die Punker, ihren Gefühlen beim Schreiben der Texte freien Lauf zu lassen und sich darauf zu konzentrieren, was sie wirklich bewegt. Das wurde auch in ihrer ersten Single „White Riot“ deutlich, die 1977 bei CBS erschien. Simonon und Strummer verfassten das Lied nach den „Notting Hill Riots“ 1976, in denen Farbige in der Nähe von Pauls alter Schule gegen die korrupte Polizei demonstrierten. Den Track findet man mit anderen Hits wie „I´m so bored of the USA“ oder „London´s burning“ auf ihrem Debutalbum „The Clash“, das einschlug wie ein Blitz. Die gleichnamige Tour feierte großen Erfolg und in den USA wird „The Clash“ zur meistverkauften Importplatte aller Zeiten. Zu dem Erfolgsalbum gehört auch die Single „Police and Thieves“ – ein Reggae-Song der Band The Equals, der die Liebe der Band zu der Musikrichtung zeigen sollte. Besonders Strummer war ein großer Fan und bezeichnete sich selbst als „reggae addict“, da er in seiner Jugend durch seine überwiegend afrikanisch-stämmige Nachbarschaft immer davon umgeben war.
Mittlerweile hatte Keith Levene The Clash verlassen und Terry Chimes wurde durch Nicky „Topper“ Headon ersetzt. Mit dem Drummer kam ein musikalisches Genie in die Gruppe , der vielerseits als das begabteste und vielseitigste Mitglied der Band bezeichnet wurde. Durch ihn konnte die Band ihren Horizont erweitern und das Resultat konnte sich kurz darauf hören lassen: 1978 erschien ihr zweites Album „Give ´Em Enough Rope“, das prompt auf Platz 2 der englischen Charts kletterte. Aufgenommen wurde es mit Sandy Pearlman, dem Produzenten der Heavy-Metal Band Blue Öyster Cult, denen die Erfindung des„Heavy-Metal-Umlauts“ zugeschrieben wird. Angeblich soll Pearlman die Stimme von Strummer so schleht gefunden haben, dass er diese bei der Produktion leiser mixte, um sie mit dem Schlagzeug zu übertönen.
1979 reisten The Clash gleich zwei Mal durch die USA, ein Konzert davon der Aufnahmeort des „most iconic rock image“ aller Zeiten. Denn während eines Auftritts im „New York Palladium“ machte Paul Simonon dem Bandnamen alle Ehre und zerschlug auf der Bühne aus Frust seinen Bass; das Foto davon landete kurzerhand auf ihrem nächsten Albumcover.
Ihre magnetische Bühnenpräsenz und coole Outfits mit Aufnähern wie „Heavy Manners“ oder „Passion is a Fashion“ wurden schnell zu ihrem Markenzeichen und Teil der Show. Auch die Gitarren trugen Slogans wie „Noise“, „Positive“ oder „Pressure“.
Auch wenn The Clash im Vergleich zu anderen Bands eher als Moralapostel bekannt waren, gingen kleine Ausrutscher auch an ihnen nicht vorbei. 1978 wurden sie von der britischen Polizei verhaftet, weil sie Renntauben von den Dächern Camden Towns schossen und im Sommer 1980 wurde Joe Strummer belangt, weil er während eines Gigs in Hamburg einem Fan mit seiner Gitarre auf den Kopf schlug.
Zurück ins Jahr 1979. Hier erschien einer der größten Rock-Hits überhaupt: „London Calling“. Das gleichnamige Album gilt als Meilenstein der Rockmusik und als bedeutendstes Werk der Band; auch von der Presse wurde es seiner Zeit in den Himmel gelobt:
„Auf ihrem jüngsten Doppel-Album ‘London Calling’ entfalten The Clash eine stilistische Breite, die Beatles-Elemente, Rockabilly, Jazz, Soul, Rhythm and Blues und Reggae einschließt und immer frisch swingt.“- behauptete ein deutsches Nachrichten-Magazin.
„Trotz First-Take-Gerumpel und Guerilla-Produktion ist dieses Doppelalbum Musik, die von Dauer sein soll. Sie ist so reichhaltig und breitgefächert, dass sie einen nicht nur beschwingt, sondern regelrecht begeistert und triumphal lebendig fühlen lässt.“ – Rolling Stone (USA) Der Rolling Stone war es auch, der das Album auf Platz 8 ihrer Liste der „Größten Alben aller Zeiten“ wählte; und das sogar, obwohl manche enthaltene Lieder nicht mal Text haben.
Nichts konnte The Clash stoppen; so erschien im Dezember 1980 auch gleich ihr nächstes Album „Sandinista!“. Mit der Zeit war die Band immer experimentierfreudiger geworden und ist mit „The Magnificent Seven“ die erste britische Musikgruppe, die einen Rap veröffentlichte. Die Dreifach-Platte wurde mit gemischten Gefühlen angehört; vielerseits waren Fans der Meinung, das Album wäre ein einziges Durcheinander und könnte seinem Vorreiter niemals das Wasser reichen. Das Einbringen von so vielen unterschiedlichen Stilen verwirrte viele Zuhörer, und für andere war genau das der Reiz von Sandinista!. Flea, Bassist der Red Hot Chili Peppers bezeichnete es als sein Lieblingsalbum und als „endgültigen Triumph der Freigeistigkeit“.
Zwei Jahre später erschien The Clashs fünftes Album „Combat Rock“. Die letzte Platte in der bekannten Besetzung: Mit der Zeit hatte Drummer Topper Headon eine so starke Heroin-Abhängigkeit entwickelt, dass die anderen Mitglieder sich dazu entschieden, ihn aus der Band auszuschließen. Grund dafür war, dass er zuerst seine Sucht in den Griff bekommen sollte, bevor er wieder Musik macht. Zudem war klar, dass er in seiner körperlichen Verfassung die geplante Tour mit The Who nicht durchstehen würde. Es war das endgültige Aus für den begabten Schlagzeuger, da er von seinem Rausschmiss 1982 bis zur Auflösung 1985 nicht mehr zurückkehrte. Doch abgesehen von den internen Schwierigkeiten wurde es das kommerziell erfolgreichste Album mit Hits wie „Should I Stay Or Should I Go“, dass Mick Jones für seine damalige Freundin Ellen Foley schrieb, die man unter anderen als Background-Sängerin bei Meatloafs Single „Bat Out Of Hell“ hören kann. Mit nur 12 Tracks war Combat Rock vergleichsweise kurz. Mittlerweile war Terry Chimes als Ersatz für Headon wieder dabei, der vor seinem Abgang den ebenfalls enthaltenen Song „Rock The Casbah“ schrieb. Dieser
erreichte sofort die Top 10 der US-amerikanischen Charts und wurde eins der bis heute bekanntesten The Clash Lieder. Manche Fans waren der Meinung, die Rocker seien ihren Punk-Wurzeln nicht mehr treu. Entsprechende Reaktionen folgten auf ihrer im gleichen Jahr stattfindenden Tour mit The Who, auf der sie ausgebuht wurden. Die Band ließ sich davon nicht unterkriegen und doch bröckelten sie immer mehr auseinander. 1983 verließ Gitarrist und Mitbegründer Mick Jones The Clash und nach einer Festival-Tour 1985 beschlossen Joe Strummer und Paul Simonon, die Band endgültig aufzulösen.
Joe Strummer, der durch den Job seines Vaters als Diplomat in der Türkei geboren wurde und schon als Kind in unterschiedlichen Ländern wie Ägypten, Mexiko und Deutschland lebte und zur Schule ging, spielte nach dem Ende von The Clash zunächst als Gitarrist und Sänger der Band The Pogues. 1989 veröffentliche er seine erste Solo-LP „Earthquake Weather“, 1999 folgte sein zweites Solo-Album „Rock Art And The X-Ray Style“ als Joe Strummer and The Mescaleros. Dazwischen wirkte er außerdem als Filmkomponist für Sid and Nancy mit. 1975 heiratete er die Südafrikanerin Pamela Moolman, damit sie ihre Staatsbürgerschaft behalten konnte und war nebenbei mit seiner Freundin Gaby Salter zusammen, mit er er zwei Kinder hat. 1995 heiratete er Lucinda Tait, mit der er bis zu seinem Tod zusammenblieb. 2002 starb John Graham Mellor an einem zu Lebzeiten nicht erkannten Herzfehler in seinem Zuhause in Somerset.
Paul Simonon folgte in die Fußstapfen seines Vaters und widmete sich der Kunst. Nebenbei war er gelegentlich als Musiker aktiv und kollaborierte 1988 mit Bob Dylan für dessen Album „Down In The Groove“. 1991 gründete er die Band Havana 3am, die leider nur mäßigen Erfolg feierte. 2006 arbeitete er mit The Good, the Bad and the Queen an deren Album; dies ist sein letztes bekanntes Musikprojekt. 2011 wurde er für zwei Wochen verhaftet, nachdem er bei einem Protest der Organisation Greenpeace festgenommen wurde. Simonon hat zwei Söhne und lebt mit seiner Partnerin Serena Rees in London.
Mick Jones ist bis heute ein aktiver Musiker und Produzent. Nach seiner Zeit bei The Clash gründete er die Bands Big Audio Dynamite und Big Audio Dynamite II, sowie Carbon/Silicone, in der er immer noch spielt. 2010 vereinten sich Jones und Simonon wieder, um bei den Gorillaz auf Festivals wie Coachella oder Glastonbury zu spielen. Er ist verheiratet mit der Filmproduzentin Miranda Davis und hat eine Tochter.
Nicky „Topper“ Headon bekam seine Drogensucht lange nicht in den Griff und der Rausschmiss zog ihn nach eigener Aussage in ein tiefes Loch; jedoch gab er nie seinen Bandkollegen die Schuld. Über Joe Strummer verlor er in späteren Interviews nur gute Worte: „Er war ein sehr ehrlicher Mensch. Wenn er sagte „Ich stehe hinter dir“, dann konnte man sich zu 100% darauf verlassen.“ veröffentlichte er sein Soloalbum Waking Up und 2008 spielt er gemeinsam mit Mick Jones` Band Carbon/Silicone in London; es war das erste musikalische Aufeinandertreffen der beiden seit 1982. Heute ist er nach 13 Entzügen clean und lebt in Dover.
Auch wenn The Clash seit 35 Jahren aufgelöst sind, sind sie bis heute eine der wichtigsten und gefeiertsten Punkbands aller Zeiten. Ihre Lieder spielen auch 2020 noch im Radio und aus ein paar Jungs wurden Legenden. Um es mit den Worten von Topper Headon zu sagen: „Rockstars sind wie Katholiken. Sie mögen verfallen, aber sie sind immer noch Rockstars.“
JF