Es gibt Gäste, treue Gäste und Stammgäste, aber nur wenige sind wie Eberhard Kuhlmann, der seit der Eröffnung des Schach-Cafés 1986 regelmäßiger Besucher des Lokals ist. Auf den sympathischen Hamburger ist auch Ricardo aufmerksam geworden: der gastfreundliche Geschäftsführer pflegt den Kontakt zu seinen Gästen wie kein Zweiter, setzt Menschen auf der Suche nach Gesellschaft zusammen, kommt auf einen Plausch an den Tisch und interessiert sich für mehr als nur die Bestellungen der Menschen.
„Zu Herrn Kuhlmann komme ich gerne an den Tisch, weil man immer etwas Positives hört und sehr geistreiche Unterhaltungen führen kann und immer wieder angeregt wird von seinem Esprit“, erzählt Ricardo.
Aufgrund einer Behinderung ist Eberhard körperlich eingeschränkt und auf den Rollstuhl angewiesen – seine Lebensfreude und sein Humor lassen ihn trotz allem nie im Stich. Im Interview mit OXMOX erzählt er aus seinem Leben, was ihn geprägt hat und ihm in schweren Zeit halt gibt und worüber er sich heutzutage wundert.
„Meine Eltern haben mit mir zunächst in einer Wohnung gewohnt, in der ich gar keine Selbstständigkeit entwickeln konnte“ erinnert er sich an die beschwerliche Zeit. „Es gab keinen Aufzug, ich hatte keinen Rollstuhl. Meine Mutter, Käthe Kuhlmann, hat mich auf einem Holzstühlchen nach rechts und links geschoben“.
Der Umzug in eine neue, behindertengerechte Wohnung bedeutete für den damals 11-Jährigen mehr Freiheiten und Chancen zur Selbstentwicklung.
„Dann hatte ich übern Daumen 35 Jahre, in denen ich sehr beweglich und selbstständig war. Ich habe meinen Hauptschulabschluss auf der Körperbehinderten-Schule gemacht, Mittlere Reife auf der Handelsschule und Abitur auf dem Wirtschaftsgymnasium. Dann habe ich Wirtschaftswissenschaften studiert“.
Anschließend führte sein Weg ihn zur Feuerwehr, wo er ehrenamtlich und freiberuflich arbeitete und u. a. Brandschutzerziehung für Kinder lehrte, Präsentationen hielt und die Freiwillige Feuerwehr ausbildete.
Eine Konstante in seinem Leben sollten die Besuche im Schach-Café werden, in dem er erstmals direkt nach der Eröffnung 1986 mit seinem Vater Erich Kuhlmann speiste.
Seitdem sind viele Jahre vergangen, in denen er „besonders gerne den Mittagstisch“ nutzt und stets zufrieden ist. Der Alltag kostet ihn mittlerweile mehr Kraft als früher, „deswegen habe ich vieles einschränken müssen, was früher selbstverständlich war. Wenn ich im Schach-Café sitze, dann vergesse ich das mal und genieße es, dass ich das noch machen kann. Mir gefällt die Atmosphäre sehr, weil hier alle Altersklassen, alle Generationen, alle sozialen Schichten zusammenkommen. Für mich bedeutet das einen großen Teil an Lebensqualität“.
Seine lebensbejahende Einstellung bleibt dem Hamburger auch in schwierigen Zeiten eigen und hat ihm schon oft den Weg geebnet.
„Es nützt ja nichts, zu jammern. Von Gejammere halte ich gar nichts. Solange ich unterm Strich noch eine gewisse Lebensqualität habe, bin ich zufrieden“, erklärt er.
Vorgelebt wurde ihm diese Einstellung in seinem liebevollen Elternhaus, das ihn bis heute prägt.
„Ich hatte die besten Eltern, die ich hätte kriegen können. Das waren ganz tolle Menschen, die mich und auch andere immer unterstützt haben. Die haben sich ja nicht nur um mich gekümmert, sondern haben auch noch alles andere gemacht und sich auch in der Behindertenarbeit engagiert. Meine Eltern waren sehr humorvoll, klug, empathisch und aktiv und davon habe ich sehr profitiert und profitiere bis heute“.
Der heutigen Welt fühlt er sich mit Blick auf seine Mitmenschen öfter nicht ganz zugehörig: Die Probleme, mit denen sich rumgeschlagen wird, sind ihm fremd.
„Ich wunder mich manchmal, worüber die Menschen sich heutzutage aufregen und ärgern und sich das Leben dadurch selbst schwer machen. Da denke ich manchmal, dass ich in diese Welt nicht passe“, findet er. „Man sollte weder sich selbst, noch das Leben zu ernst nehmen“.
Sein Lebensmotto ist daher einleuchtend: „Aus allem, was kommt, das Beste zu machen. Viele Menschen denken, es wird immer so positiv weitergehen, wie sie es kennen – das ist natürlich nicht immer der Fall und dann muss man die Dinge so nehmen, wie sie sind“. Und er fügt hinzu: „Das Leben ist eine lebensgefährliche Veranstaltung, die auf jeden Fall mit dem Tod endet“.
Maxi Luther