Was „Cornern“ für die Gastronomen, Anwohner und das Viertel bedeutet:
Draußen auf den Straßen sitzen und stehen Massen von Menschen und trinken den billigen Alk vom Kiosk, sie stehen und sitzen auf „ihrem“ Platz, einen Schritt zur Seite gehen, weil Passanten durch möchten, ist nicht möglich. Der einzige Zeitpunkt, an dem der Gehweg verlassen wird, ist zum Toilettengang in der Bar, vor der stundenlang rumgelungert wurde. Inzwischen ist der Gehweg so bevölkert, dass kein Durchkommen mehr möglich ist, meist wird man bepöbelt oder gar auf die Straße gedrängt, denn der Gehweg wird jetzt zum „Cornern“ benutzt. Tja, dann könnte man ja eigentlich auf der anderen Seite gehen aber nein, da finden wir die gleiche Situation vor. Ein Spießrutenlauf für die Besucher der Bars, Restaurants und für die Anwohner, die am Wochenende teilweise schon flüchten. In den Bars bleiben die Gäste aus. Die Bars werden als Toilettenhäuschen, zum Tanzen und im Sommer teilweise als Garderobe und im Winter zum Aufwärmen genutzt. Das bedeutet Kosten für Reinigung, DJ Gage, Gema, Tresenpersonal und Miete. Fazit: die Bars müssen schließen. Betroffen sind hauptsächlich die kleinen gemütlichen, alt eingesessenen Bars. Die Bars, die Flair und für die Anwohner immer ein Ohr haben. Früher gab es eine Nachtgemeinschaft, ob Türsteher, Tänzerinnen, Tresenpersonal; sie hielten immer einen Schnack mit den Gästen und versprühten die Stimmung der Nacht. Jeder kannte jeden und man hatte ein Auge auf den anderen. Heutzutage ist kein Platz mehr für Geselligkeit und die Problemchen des Nachbarn. Abgelöst werden die Anwohner von gröhlenden, im Wege stehenden „Touris“ und der Polizei, die dann die Bars in ihre Schranken weisen muss, weil es dermaßen laut vor ihrer Tür ist. Den Menschen, die am „cornern“ sind, sind die Ansagen der Polizei völlig egal, sie schwanken irgendwann nach Hause, der Müll bleibt auf der Straße und die Anwohner können endlich schlafen gehen, bis sie dann nach zwei Stunden vom Müllwagen oder Sirenen geweckt werden.
„Cornern“ ist ungemütlich, es stinkt von den Abgasen, es ist laut aber hip? Das sind keine armen Menschen, sie leben im Trend, sind gut gekleidet und ganz Sätze sprechen sie auch. Diese Bewegung breitet sich durch mehrere Viertel in Hamburg aus. Existenzen in der klassischen St. Pauli-Gastronomie werden zerstört und das geliebte Lebensgefühl ist bedroht. Jedes Wochenende …
Barbara Wetzer