13 JAHRE – LÄNGSTER GERICHTS- PROZESS IN DEUTSCHLAND WEGEN „VERDACHT AUF FAHREN OHNE FÜHRERSCHEIN“
Die Staatsanwaltschaft hatte behauptet, ich sei am 2. Februar 2011 ohne Fahrerlaubnis Auto gefahren.
Ich musste nämlich im Dezember 2010 meinen Führerschein für 6 Monate abgeben, weil ich 25 von 18 möglichen Punkten in Flensburg hatte.
Immer nur wegen geringfügiger Geschwindigkeitsüberschreitung, dummerweise war die geringfügige Überschreitung bereits über dem maximalen Limit. Na, jedenfalls habe ich den Führerschein ordnungsgemäß abgegeben und bin natürlich nicht ohne Führerschein gefahren.
Zwei Zivilfahnder der Davidwache auf St. Pauli wähnten sich am 2.2.2011, vermutlich in der Wüste, denn trotz Schneefalls im Winter, hatten sie eine Art „Fata Morgana“, denn sie glaubten mich beim Fahren eines Autos zu sehen.
Auf Frage meines Anwalts, Dr. Klaus Hüser, gaben sie vor Gericht an, mich weder dienstlich noch privat zu kennen, aber da sie Hamburger sind, wüssten sie wer ich bin – haben die tatsächlich gesagt! Auf die Frage, weshalb sie sich so sicher seien, dass ich, Kalle Schwensen, am Steuer saß, sagte der eine Polizist doch tatsächlich: „Ich kenne nur zwei Leute, die nachts eine Sonnenbrille tragen: Kalle Schwensen und Heino – und Heino war es nicht!“
Diese „logische“ Schlussfolgerung hat dann der Richter als ausreichende Begründung, wörtlich ins Urteil übernommen und mich zu EUR 11.000,- (Elftausend Euro) verurteilt und mit weiteren 9 Monaten Fahrverbot sanktioniert.
Dieses Urteil erfolgte wohlgemerkt in Deutschland und nicht in einer Bananenrepublik, wo die Urteile mit Würfeln ausgespielt werden. Natürlich bin ich gegen dieses willkürliche Fehlurteil in Berufung gegangen, zumal das Gericht eine Zeugin vernommen hatte, die angab, zur fraglichen Zeit mit mir zusammen war und ich unmöglich zum selben Zeitpunkt ein Auto hätte fahren können.
Vor der Berufungsverhandlung am 23.10.2012 hatte ich die Eingebung, meinen Bart abzurasieren und ohne Brille ins Gericht zu gehen, jedoch nicht an der Seite meines Anwalts.
Stattdessen betrat mein Verteidiger, Dr. Hüser, gegen 8:51 Uhr das Gerichtsgebäude, mit einer unbekannten Person, die Anzug, Sonnenbrille und Bart trug. Sofort fingen die anwesenden Fotografen an, zu fotografieren, vermutlich hielten sie die Person, die hinter meinem Anwalt ging, irrtümlich für mich, Kalle Schwensen.
Während mein Verteidiger in den Gerichtssaal ging, betrat die unbekannte Person den Gerichtssaal jedoch NICHT, sondern blieb lediglich im Türrahmen stehen, so dass die Personen im Gerichtssaal sie sehen konnten, dann kehrte der unbekannte Mann wieder um. Diese Person hatte kein Wort gesprochen und logischerweise auch nicht im Gerichtssaal Platz eingenommen.
2 Minuten später betrat ich, Kalle Schwensen, den Sitzungssaal und nahm neben meinem Verteidiger, an dessen linken Seite Platz. Ich war normal und ordentlich frisiert, trug nichts, was mein Aussehen entstellt oder vermummt hätte.
Im Sitzungssaal befanden sich:
• Zuschauer und Pressevertreter im Zuschauerbereich
• Die Protokollführerin,
• Mein Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Hüser und ich, mit Rücken zur Tür
• Die Staatsanwältin mit dem Blick auf die Tür und mir direkt gegenüber.
Nachdem die Staatsanwältin mich minutenlang eindringlich ansah und mit der Protokollführerin mehrere fragende Blicke ausgetauscht hatte, fragte die Protokollführerin nach einigen Minuten meinen Verteidiger: „Ist der Angeklagte da?“ Mein Verteidiger antwortete: „Ja, der ist da.“
Daraufhin ging die Protokollführerin in das Richterzimmer und blieb dort mehrere Minuten.
Das Gericht (Richterin und zwei Schöffen) trat ein.
Die Richterin sah mich prüfend an, dann richtete sie das Wort an die Staatsanwältin und sagte sinngemäß: „Mir wurde berichtet, dass Herr Schwensen hier gewesen sein soll und wieder ging, können Sie dazu etwas sagen?“ Staatsanwältin: „Ja es war ein Herr hier, der eine Sonnenbrille trug und einen braunen Anzug oder Mantel, da bin ich mir jetzt nicht sicher, aber augenscheinlich hat es sich dabei um Herrn Schwensen gehandelt.“
Richterin zur Protokollführerin: „Können Sie dazu auch etwas sagen, haben sie den auch gesehen?“ Protokollführerin: „Ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass das Herr Schwensen war… Ich fragte den Anwalt, ob neben ihm der Angeklagte sitzt, was der bejahte, was ich für mich persönlich, aber absolut bezweifle.“
Die Richterin fragte mich, wer ich sei. Ich antwortete: „Karl Heinz Schwensen“. Die Richterin fragte mich nach meinen Personendaten; Beruf, Geburtstag, Geburtsort, Wohnort und Familienstand: Ich habe die Fragen wahrheitsgemäß beantwortet.
Die Richterin fragte meinen Verteidiger, „Ist das neben Ihnen Herr Schwensen?“ Mein Verteidiger: „Ja.“
Die Richterin fragte, wer der andere Mann gewesen sei. Mein Verteidiger antwortete: „Den kenne ich nicht. Im Übrigen ist es nicht meine Aufgabe hier Auskünfte zu erteilen.“
Die Richterin fragte: „Können sie anwaltlich bestätigen, dass der Mann neben Ihnen Herr Schwensen ist?“. Mein Verteidiger: „Ja, das kann ich bestätigen. Der Herr links neben mir, ist Herr Schwensen.“
Die Richterin fragte mich: „Können Sie sich ausweisen, haben sie einen Ausweis dabei?“ Ich sagte: „Nein, ich musste mich bisher noch nie vor Gericht ausweisen, aber ich habe meine Ladung dabei.“
Die Richterin fragte die Staatsanwältin, ob ich erkennungsdienstlich erfasst sei? Die Staatsanwältin: „Das weiß ich nicht. Nicht, dass ich wüsste.“ (Ich blickte an die Decke und musterte den Gerichtssaal, weil ich glaubte, bei „Versteckter Kamera“ zu sein).
Die Richterin unterbrach die Sitzung und das Gericht zog sich zurück. Ich blieb neben meinem Verteidiger sitzen. Nach einigen Minuten kehrte das Gericht zurück.
Die Richterin: „Ich habe auf dem Flur Herrn Schwensen erkannt und angesprochen, er hat aber nicht geantwortet. Schwensen‘s Aussehen ist dem Gericht bekannt.
Es ist jetzt 9:20 Uhr. Ich stelle fest, Herr Schwensen ist nicht vor Gericht erschienen.“ An die Protokollführerin gewandt: „Rufen sie Herrn Schwensen noch mal auf.“
Die Protokollführerin ging zur Tür und rief in den Flur mehrmals: „Herr Schwensen“.
Ich antwortete jedes Mal: „Ja, hier bin ich!“ Dies wurde jedoch von der Protokollführerin und der Richterin ignoriert.
Die Richterin wandte sich fragend an die Staatsanwältin: „Anträge? Die Staatsanwältin sagte: „Ich beantrage Ablehnung.“ Daraufhin sagte die Richterin: „Es ergeht folgender Beschluss: „Die Berufung wird verworfen, weil der Angeklagte nicht vor Gericht erschienen ist.“
An meinen Verteidiger gewandt: „Oder wollten Sie auch etwas sagen?“ Mein Verteidiger: „Ich dachte schon, sie wollten mich gar nicht mehr fragen.“
Mein Verteidiger erklärte, dass lediglich nachgewiesen werden sollte, dass wenige Accessoires, wie etwa eine Sonnenbrille und ein Anzug reichen, um Herrn Schwensen zu verwechseln, er selbst wisse aber nicht, wer der andere Mann sei, er sei lediglich zusammen mit Herrn Schwensen in seinem Büro erschienen und man sei zusammen per Taxi zum Gericht gefahren. – Was auch absolut der Wahrheit entsprach.
Daraufhin sagte die Richterin: „Die Berufung des Angeklagten wird zurückgewiesen. Die Kosten der Berufungsverhandlung trägt der Angeklagte. Herr Schwensen ist nicht vor Gericht erschienen. Die Sitzung ist geschlossen“ und stand auf.
Mein Verteidiger war fassungslos und sagte: „In meiner 40-jährigen Tätigkeit als Anwalt habe ich so etwas noch nicht erlebt!“ Er zeigte auf mich und sagte; „Das ist Herr Schwensen.“
Ich stand auf und protestierte, ich sagte: „Ich bin Herr Schwensen, ich möchte, dass ich sofort hier im Saal erkennungsdienstlich erfasst werde.“
Die Richterin sagte zu mir: „Gehen Sie, die Sitzung ist beendet.“ Ich sagte: „Ich werde den Saal nicht verlassen, bevor nicht festgestellt wurde, dass ich Karl Heinz Schwensen bin.“
Die Richterin nahm ihre Akten und forderte mich erneut auf zu gehen. Ich sagte mit lauter Stimme: „So geht das nicht, gnädige Frau, was Sie hier machen, ist Rechtsbeugung und ein Skandal!“ Das Gericht ging daraufhin ins Richterzimmer.
Ich ging ich zum Tisch der Staatsanwältin, die sich anschickte, die Robe auszuziehen und sagte: „Ich wurde bereits Erkennungsdienstlich erfasst.“
Ich nahm ein weißes Blatt Papier von ihrem Tisch und presste meinen Daumen darauf und sagte laut: „Hier überprüfen Sie, ich bin Karl Heinz Schwensen.“
Die Staatsanwältin sagte: „Schreien Sie mich nicht an. Die Sitzung ist zu Ende.“
Inzwischen hatte die Protokollführerin heimlich den Alarmknopf gedrückt, weil ich mich weigerte den Gerichtssaal zu verlassen. Plötzlich stürmten 2 Polizisten und 2 Jusitzwachtmeister in den Saal, weil sie wohl dachten, da sei Stress. Es waren aber nur mein Anwalt, die Staatsanwältin und ich im Saal und die Zuschauer im Zuschauerbereich – alles war friedlich.
Weil die Medienvertreter glaubten/ hofften, es käme nun zu einer Schlägerei zwischen mir und den Polizisten/Justizwachtmeistern, riss einer die Tür vom Zuschauerbereich auf und winkte die Fotografen herein. Die Fotografen drängten in den Zuschauerraum. Daraufhin entblößte ich meine diversen und unverwechselbare Narben von Schussverletzungen und Messerstiche, die von den Fotografen fotografiert wurden.
Ich zeigte die Narben auch gezielt der Staatsanwältin und fragte: „Haben sie meine Narben gesehen?“ Die Staatsanwältin antwortete leicht gestresst: „Ja, ich habe Ihre Narben gesehen.“ dann ging sie.
Ohne die Fotos meiner Narben, hätte ich später nur schwer beweisen können, dass ich es war, der vor Gericht erschienen ist. Ausgenommen, von dem lächerlichen Urteilsspruch, fand ich den Verlauf der Verhandlung zufriedenstellend.
Ich beauftragte den renommierten Hamburger Gerichtsmediziner Prof. Dr. Püschel mit einem Identifikations-Gutachten, anhand der Fotos, die ihm die Presse-Fotografen mit einer eidesstattlichen Versicherung zur Verfügung stellten.
Zusammen mit einem Kollegen hat mich dann Prof. Dr. Püschel in der Hamburger Gerichtsmedizin, fotografiert und vermessen – wie eine Leiche, nur im Stehen.
Natürlich wurde das skandalöse Urteil in der Revision aufgehoben und die Richterin musste unter ihren Kollegen einigen Spott über sich ergehen lassen – sie ging vorzeitig in den Ruhestand.
Beim 3. Prozess, im Jahr 2013, hat ein Richter, der bei mir den Eindruck eines selbstgefälligen Roben-Trägers hinterließ, unter Missachtung der simpelsten Rechts-Grundsätze mich wieder verurteilt. Dessen Urteil war jedoch so fehlerhaft, dass es schon nach vier Monaten in der Revision keinen Bestand mehr hatte. Seitdem geschah nichts Wesentliches mehr.
Mein Anwalt bat mich 2017, einer Einstellung des Verfahrens, nach nunmehr 6 Jahren, zuzustimmen. Ich willigte (ungern) ein, weil ich dann meine Anwaltskosten selbst hätte tragen müssen, aber ich war bereit, das leidige Thema endlich zu beenden. Das Angebot meines Anwalts wurde jedoch von der Staatsanwaltschaft abgelehnt.
Daraufhin sagte ich, dass ich nun zu keinem Entgegenkommen mehr bereit bin – ich ziehe das durch, bis die Staatsanwaltschaft aufgibt. Denn mit einer Richterin, einer Staatsanwältin und einer Protokollführerin, die übereinstimmend behaupteten, eine nachweislich andere Person, als Kalle Schwensen erkannt zu haben, war die „Beweisführung“ der Staatsanwaltschaft schwer ins Wanken geraten.
Deshalb geschah auch in den nachfolgenden 7 Jahren(!!!) NICHTS!
Jetzt, nach nunmehr 13 Jahren seit 2011) hat die Staatsanwaltschaft selbst die Einstellung des Verfahrens per Gerichtsurteil beantragt!
Am 3. April 2024 war Termin! Die Staatsanwaltschaft stellte den Antrag, das Verfahrens per Urteil einzustellen und dass alle Kosten von der Staatskasse getragen werden.
Wie das so ist, in einem Prozess, hat nach den Plädoyers der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft der Angeklagte das letzte Wort.
Ich konnte es mir nicht verkneifen als Schlusswort zu sagen: „Ausnahmsweise schließe ich mich der Staatsanwaltschaft an!“
Kalle Schwensen