FRANK TURNER
AKUSTISCHER HERZSCHMERZ UND ANARCHISTISCHER GEIST
Auf seinem neuen Album „Tape Deck Heart“ kann er auf der Gitarre ganz wunderbare Folk-Rock-Melodien zupfen – aber Frank Turner, dieser tätowierte Rebell, der gemeinsam mit Prinz William auf eine Schule ging, sorgt auf erstaunliche Weise auch für die Wiederbelebung des Punk-Geists. Ein Lebensstil, der für ihn so ziemlich alles ist, erzählt er im Interview.
„Dies ist mein Stamm, meine Bande“, sagt Frank über seine starke Bindung zum Punk – was angesichts seiner doch sehr eingängigen Songs, die sie im Radio spielen, absolut nicht offensichtlich ist.
Doch der Musiker lebt und liebt dieses wilde Leben: „Ob ich nun irgendwo auf der Welt auf einem Rastplatz bin oder in einer schmierigen Kneipe und da läuft mir jemand in engen schwarzen Jeans, einem T-Shirt der Punk-Band Against Me! und Tätowierungen auf den Fingern über den Weg, dann werden wir wahrscheinlich Freunde.“
Seine Eltern und Mitschüler in einer hochfeinen Bildungseinrichtung reagierten entsetzt auf die jugendrevoltierenden Klänge von Bands wie Fugazi oder Black Flag. „Verachtet“ hätten sie ihn an der Schule für seine Liebe zu dieser Musik, er fühlte sich als Außenseiter, wurde mit seiner ersten band von der Bühne gebuht. Und heute sind es tausende Fans, die nicht lieber möchten, als Teil seiner Gang zu sein. Und es sind nicht wenige, die ihm folgen – im letzten Jahr trat Frank Turner im Wembley Stadion auf.
„Tape Deck Heart“ ist sein mittlerweile fünftes Solo-Album. Seine ungewöhnliche Kombination von Texten und Musik erinnert an Amy Winehouse. „Es gibt definitiv so eine Art Tradition mitreißender Singalongs in meiner Musik – die sich dann doch als Stücke über die dunklen Seiten des Lebens und Herzschmerz entpuppen.“
Insgesamt 40 Tätowierungen trägt Frank auf dem Körper verstreut – „Meine Mutter hasst sie alle. Mit Ausnahme des einen, das ich für sie habe machen lassen. Es sind ihre Initialen, die auf meinem Handgelenk stehen.“ So richtig sicher scheint sich seine Mutter noch nicht über die Karriere zu sein, die er eingeschlagen hat, erzählt der Musiker, der an der Londoner School of Economics Geschichte studierte. Seine anarchistischen Ansichten hat er etwas verändert und bezeichnet sich nun als liberaler Freigeist. Obwohl er einst einen Song schrieb, der sich gegen die jüngst verstorbene britische Premierministerin Thatcher richtete („Thatcher F***ed th Kids“) griff Frank Turner auch mit extrem rechten Sprüchen daneben. Er erinnert sich gut an die Zeit, als dies von britischen Zeitungen publik gemacht wurde: „Ich erhielt Hass-Mails und Todesdrohungen. Plötzlich war ich der schlimmste motherf***** auf diesem Planeten. Nur, weil ich Che Guevara nicht mochte.“
Unbequem und irgendwie Punk will Frank Turner offenbar immer bleiben. Und offen. So hat er beispielsweise seine persönliche E-Mail-Adresse veröffentlicht und fordert seine fans auf, ihm ruhig dorthin zu schreiben: „Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, die Barriere zwischen Musikern und allen anderen zu durchbrechen. Denn das zeigt den Leuten vor allem eines – es gibt kein geheimes Passwort, keine Clique.“
Frank Turner – „Tape Deck Heart“
Interview: Andre Paine/The Interview People