HH-Report
Ohne Wohnung
Sie nennen sich die „Randständigen“.
Weil sie von geltenden Normen abweichen und andere Wertvorstellungen haben, werden sie von der Mehrheit an den Rand der Gesellschaft gedrängt.
Sie werden ausgegrenzt, belächelt. diskriminiert.
Ihr Alltag ist geprägt von Rollenkonflikten und dem Kampf um die eigene Existenz…
Obdachlosigkeit ist in unserer Stadt nicht erst seit Zaunkönig Markus Schreiber (SPD) ein brodelnder Konfliktherd.
Das beweisen schon die aktuellsten Zahlen, die aus dem Jahr 2009 (!) stammen: 1.029 Männer und Frauen hielten sich damals offiziell ohne festen Wohnsitz in Hamburg auf.
Und nicht nur durch den EU-Beitritt von Polen, Rumänien und Bulgarien steigt die Summe weiter an.
Die jährlich ab dem l. November von der Stadt zur Verfügung gestellten Schlafplätze reichen schon lange nicht mehr:
Erstmals seit Start des Winternotprogramms 1992 wurden im letzten Winter aufgrund der großen Nachfrage 70 zusätzliche Plätze als „besonderer Erfrierungsschutz“ eingerichtet.
Damit standen den Obdachlose ca. 280 Plätze zur Verfügung – diese waren über den gesamten Winter zu 100 Prozent ausgelastet.
„Dieser Winter war für alle Beteiligten nicht leicht“, erklärt Sozialsenator Detlef Scheele (SPD). „Es war früh kalt und sowohl die regulären Notschlafstätten als auch die Wohnunterkünfte waren voll. Das hat nicht nur die Obdachlosen, sondern auch alle im Hilfesystem Tätigen vor schwierigen Aufgaben gestellt… Ein System, das auf nur 200 Plätze ausgelegt ist, kommt schnell an seine Grenzen. Wir werden die negativen Erfahrungen aus diesem Jahr auswerten und die Konsequenzen ziehen.“
Jetzt startet also das Winternotprogramm 2011, bei dem die Bemühungen und Dienste der bezirklichen Einrichtungen das Angebot der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration ergänzen.
Allerdings: Hilfesuchenden werden vom l. November bis zum 15. April wieder nur knapp mehr als 200 Schlafplätze zur Verfügung gestellt!
Ein Leben unter der Brücke oder auf der Parkbank wird nicht geführt, weil die frische Luft so schön ist…
Das Gute: In zahlreichen Unterkünften werden die Obdachlosen von freiwilligen Helfern täglich mit warmen Speisen und Getränken versorgt.
Zusätzlich wird eine soziale Beratung angeboten, um mit den Betroffenen einen langfristigen Weg aus der Obdachlosigkeit zu finden.
Es stehen u.a. folgende Schlafplätz- stellen zur Verfügung: In der Spaldingstraße 1, im Pik As (Neustädter Straße 31a) oder im Frauenzimmer (Hinrichsenstraße 4a).
Zusätzlich werden im gesamten Stadtgebiet Wohncontainer auf dem Gelände von Kirchengemeinden, der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) und der Evangelischen Hochschule für Sozialpädagogik aufgestellt.
„Mein Appell geht an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger in dieser kalten Jahreszeit besonders aufmerksam und sensibilisiert zu sein. Jeder von uns muss ein offenes Auge haben und aktiv handeln. Es muss uns allen bewusst sein, dass bei extremen Minusstemperaturen niemand auf sich allein gestellt sein darf“, so der Harburger Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg (CDU).
Problematisch ist, dass viele Obdachlose schlechte Erfahrungen in den Notunterkünften gesammelt haben – das fängt bei Diebstahl untereinander an und hört damit auf, dass die Tiere der Wohnungslosen häufig nicht mitgebracht werden dürfen.
Dabei sind die Vierbeiner meist alles, was ihnen noch geblieben ist.
Bei aller Fürsorge: Drogen sind in den Einrichtungen grundsätzlich verboten – einige können darauf nicht verzichten und schlafen deshalb draußen.
Für diese Menschen gibt es in Hamburg sechs Tagesaufenthaltsstätten (z.B. das Herz As in der Norderstr. 50 oder das Diakonie-Zentrum an der Bundesstr. 101), mit den Möglichkeiten zu duschen, Wäsche zu waschen, sich beraten oder untersuchen zu lassen, zu essen und eine Postadresse einzurichten.
Zusätzlich rollt seit 15 Jahren der Mitternachtsbus, der jede Nacht von 20-24 Uhr zu den Plätzen der Obdachlosen in die City fährt.
Mit jeder Tour werden zwischen 50–150 Menschen erreicht.
Ein Team von Ehrenamtlichen bringt heiße Getränke. Brötchen. Kleidung und Schlafsäcke…
Das Hilfe- und Unterstützungssystem für obdach- und wohnungslose Menschen ist dringend nötig:
Von den ganzjährig zur Verfügung stehenden Plätzen in Hamburgs Wohnunterkünften werden aktuell 2.680 genutzt.
Zusätzlich steht jedem Obdachlosen eine so genannte „Grundsicherung’“ von 359,— € im Monat zu.
Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu Viel.
Hinter jedem Obdachlosen-Schicksal steht eine kleine oder größere Tragödie – der Verlust von Arbeit oder Familie, finanzielle Krisen oder harte Schicksalsschläge.
Ein Leben unter der Brücke oder auf der Parkbank wird nicht geführt, weil die frische Luft so schön ist…
Jetzt ist es Wichtig, die Hoffnung nicht zu verlieren, Mut zu fassen und den Schritt zurück in die Gesellschaft zu wagen.
Wichtig ist, unsere Mitbürger dabei zu unterstützen.
Die Möglichkeiten sind vielfältig:
Ein warmer Kaffee, ein belegtes Brötchen, eine gut erhaltene Winterjacke und die Botschaft: Wir haben euch nicht vergessen! Geben tut gut – nicht nur zur Weihnachtszeit…