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History #61: LINKIN PARK

“The Hardest Part Of Ending Is Starting Again”

 

Die Hauptrollen dieser einzigartigen und bitter­süßen Karriere spielen Mike Shinoda (41, Rap, Key.), Brad Delson (40, Git.), Dave „Phoe­nix“ Farrell (41, B.), Joseph „Joe“ Hahn (40, DJ), Rob Bourdon (39, Dr.) und der tragische Held Chester Bennington († 2017, Ges.).
Wie muss es sich anfühlen, wenn die Stimme, die einen selbst und eine ganze Generation ge­prägt hat, plötzlich für immer verstummt? Die­se Frage wurde am 20.07.2017 für Mil­lion­en von Menschen viel zu früh beantwortet, als sich die Nach­richt von Chester Benningtons Sui­zid wie ein Lauffeuer verbreitete …
Linkin Park haben mit ihren Songs und ihrer stets bescheidenen Art die aktuelle Musikwelt so sehr geprägt, wie kaum eine andere Band. Sie schufen Lieder, die vom realen Leben er­zähl­en und trafen ihre Fans mitten ins Herz. Die Tatsache, dass sich das Sextett nie einem be­stimmten Genre zugehörig fühlte, sorgte bis zuletzt für Diskussionen …

 

Der erste und wichtigste Schauplatz ist das 20.000-Seelen Städtchen Agoura Hills (Kali­fornien), das als „Tor zu den Bergen Santa Mo­nicas“ gilt. Da der Ort in den 90er Jahren von Straßenkriminalität geplagt war, boten die Sch­u­­l­­en künstlerische Alternativen an, um die Jug­endlichen sinnvoll zu beschäftigen. So tat es au­ch die Agoura High-School, die u. a. vom ta­lentierten Schüler Mike Shinoda be­sucht wur­de: Der Sohn eines japanischen Vat­ers und einer europäischen Mutter wurde im Alter von 4 Jahr­en beim Klavierunter­richt angemeldet. Die zweite Leidenschaft des US-Amerikaners ist das Zeichnen: Seine Eltern packten stets Stifte und einen Malblock ein, wenn die Fa­milie einen gemeinsamen Ausflug machte, um ihren begabten Jungen ruhig zu stellen. Ob Mike und Anna Shinoda heute dieselben Me­thoden zur Beschäftigung wählen, müsste man ihren Sohn Otis Aiko fragen.

 

Ein weiterer, ehemaliger Schül­er der Schule heißt Brad Delson, dem das musika­lische Ta­lent wohl ebenfalls in die Wiege ge­legt wurde: In der Grundschule begeisterte er sich für die Trompete, die im Alter von 12 Jahren gegen eine Gitarre getauscht wurde. Als sich Delson und Shinoda anfreundeten, zeigte sich letzterer begeistert von dem sechssaitig­en Instrument und tauchte tiefer in die Musik­welt ein. Von Blues und Jazz, ging es über Rock bis zum Hip-Hop – die Vorbilder hießen Metallica, Guns N‘ Roses, Dr. Dre und Pub­lic Enemy. Seit der Kollaboration von PE mit Anthrax („Bring The Noise“), ist sich Mike sicher, dass Rap und Rock/Metal hervor­ragend miteinander harmo­nieren – der Grund­stein für Linkin Parks ein­zigartigen Sound wurde ge­legt.

 

So entwickelte sich in Shinoda der Wun­sch, ei­ne Band zu gründen. Über Brad lernte Mike Rob Bourdon ken­nen, der schon seit der drit­ten Klasse wusste, dass er später profes­sionel­ler Drummer werd­en will – das Schlüsseler­eignis spielte sich auf einem Aerosmith-Kon­zert ab, das er mit seiner Mutter Patty besuchte, als die beiden auf den Schlag­zeuger Joey Kra­mer trafen. So trommelte Rob bereits in der se­chs­t­en Klasse in einer Grunge-Cover­band, stieg in der 10. Klasse bei der Band Karma ein und grün­dete kurz darauf mit Brad die Gruppe Re­lative De­gree – ihr grö­ß­ter Wunsch war es, einmal im „The Roxy“­ am Sunset Strip auf­zutreten. Nachdem dies­er in Erfüllung ging, lösten sie die Gruppe wie­der auf.

 

Das Trio Shinoda, Delson und Bourdon zö­gerte nicht lang: 1996 gründeten sie Xero. Als die High-School abgeschlossen war, tr­en­­­­­nte sich die schulische Laufbahn: Mike stu­dierte an einer Kunsthochschule und Brad studierte in Los Angeles Kommunika­tions­­wissen­schaft­en. Dass diese Entscheid­ungen für die Grup­pe Gold wert sein würden, ahnte noch nie­mand.

 

Auf der Kunsthochschule trafen Mike Shin­oda und der koreanischstammige Joseph „Joe“ Hahn aufeinander. Mr. Hahn zeigte sich ebenfalls als Hip-Hop-Be­geisterter und le­b­te seine Leidenschaft an den Tur­n­tables aus. Primär fokus­sierte sich Joe auf die Fil­me­macherei, die zu sein­er größten Passion zählt. Be­reits in jungen Jahren war Hahn in der Prod­ukt­ionsebene der Serie „Akte X“ aktiv. Ihm gefiel die mu­sika­lische Vision von Xero und stieg ein. Zeit­­gleich teilte sich Brad auf dem College ein Zimmer mit Dave „Phoenix“­ Farrell, der seinen Spitz­namen seinem Pho­e­nix-Tat­too auf dem Rücken zu verdank­en hat. Dave bekam von seiner Mut­ter Gitarrenunterricht – musste den Sechs­saiter in seiner alten Band The Snax aller­dings gegen einen Viersaiter tau­schen. Somit passte Phoenix perfekt in das Anforderungs­profil von Xero, die bis da­to noch auf der Suche nach einem Bassisten waren. Neben der Musik steht Dave auf eu­ropäischen Fuß­ball und zeichnete schon als Kind die Spiele seiner Lieblings­mann­schaft Man­ches­­ter Unit­ed auf. Diese Passion teilt er inzwischen mit seinen drei Töchtern.

Xero waren fast komplett – es fehlte nur no­ch der gesanglich melodiöse Gegenpart zum Rap. Da fiel Mike sein Jugendfreund Mark Wakefield ein, der die Lücke vorerst schlie­ß­en konnte – das Line-Up war perfekt! Die ersten Auftritte gaben die Jungs vor ihr­en Freun­den – allerdings bestanden die Ab­ende nur aus Cover-Songs. Dass das auf Da­u­er nicht funktionieren würde, war der Grup­pe bewusst: Eigenes Material musste her. Mike schloss sich in seinem Schlafzimmer ein, um eigene Tracks aufzunehmen. 1997 erschien mit „XEROX“ das erste Demo – es interes­sierte sich jedoch niemand dafür.

Im Rahmen seines Studiums absolvierte Brad ein Praktikum beim Musikunter­nehm­en Zomba. Der damalige A&R Manager war Jeff Blue (50), der u. a. für Karriereschübe von Bands wie KoRn ver­antwortlich war. Brad spielte ihm das Demo vor und kon­nte Blue sowohl von der Musik als auch von dem Selbstbewusstsein der Band überzeugen – also nahm er Xero unter seine Fittiche. Am 14.11.1997 ver­schaf­fte Jeff den Jungs einen Auftritt im Vorpro­gramm von System Of A Down im Whiskey A Go Go zu Hollywood. Der Gig war recht or­dentlich, die darauffolg­enden eigenen Konzer­te blieben nahezu men­schenleer. Da der Erfolg auf sich warten ließ, verließ Dave die Band wieder, um sich auf sein Studium sowie The Snax zu kon­zentrieren – sein Posten wurde mit Kyle Christener neu besetzt. 1998 warf Mark Wa­ke­field ebenfalls das Handtuch. Ein neuer Sänger musste her. Und zwar einer, der der Band ein ein­zigartiges Leben einhauchen würde.

Blue erinnert sich, dass ihn ein Freund auf ein­en besonderen Sänger aus Phoenix, Arizona hinwies. Sein Name: Chester Bennington. Der Sohn einer Krank­en­schwester und eines Polizisten hatte einen 13 Jahre älteren Bruder sowie zwei Halb­schwes­tern. Als Chester elf Jahre alt war, ließen sich seine Eltern schei­d­en, er blieb bei seinem Vater. Dass Chesters Kind­heit und Jugendphase schwer gewes­en sein mu­ss, spiegelt sich in al­len Texten wieder. Tro­tz­dem schaffte er es, in der Musik­welt Fuß zu fassen und lieh eine Zeit lang der Post-Grunge-Kapelle Grey Daze seine Stimme. Am 20.03.1999 – während seiner eigenen Geburts­tags­party – erhält Bennington den wohl wicht­igsten Anruf seiner Karriere. Jeff Blue war am anderen Ende der Leitung und erzählte, dass er eine vielversprechende Band kenne, zu der Chester perfekt passen würde. Am nächst­en Tag lag bereits das Demo von Xero in der Post. Der Hoffnungs­träger sang die Stücke neu ein – per Kurier ging das Tape zurück zu Blue, der hellauf be­geistert war. Keine 48 Stunden später fand sich Chester im band-eigenen Proberaum in Hollywood wieder und stellte sich dem Rest der Truppe vor – die ein­zigartige Wucht und Sen­sibilität des jungen Mannes fand Anklang.

Mit dem neuen Frontmann musste auch ein anderer Name her: Aus Xero wurde Hybrid The­­ory. Die Jungs tüftelten an neuem Material und brachten im Mai 1999 die EP „HY­BRID THEORY“ auf den Markt. Doch auch die zog weder Plattenlabels noch Käufer an. Um den Bekanntheitsgrad zu er­weitern, errichteten Mi­ke, Chester & Co. die Homepage hybrid­the­o­ry. ­com, verteilten die EP kostenlos auf der Stra­ße und spielten über 40 Konzerte – vorerst er­folglos. Erst der be­rufliche Wechsel von Jeff Blue sorgt für einen gewaltigen Schritt nach vorn: Im Jahr 2000 fing er an, bei Warner Re­cords zu arbeiten und nahm die Band end­lich unter Vertrag. Aufgrund der Ähnlichkeit zur bri­tischen Trip­Hop-Gruppe Hybrid muss ein letzter Namenswechsel her. Ben­nin­gton sch­lug Lincoln Park vor, be­nannt nach einem grünen Areal in Santa Moni­ca. Eine Verball­hornung sorg­te für den Band-Na­m­en, der spä­ter in aller Munde sein würde: Linkin Park.

Mit einem Plattenvertrag in der Tasche, wollten die Jungs durchstarten. Fast alle: Der Bas­sist Kyle Christener warf hin. Auf der Suche nach einem Produzenten, der sich der jungen Gruppe annahm, stellten alle Beteiligten erneut fest, dass einem das Glück nicht in den Schoß fällt – niemand wagte sich an die Kalifornier heran. Bis sie auf Don Gilmore trafen, der als ein­ziger Interesse zeigte. Nun war es endlich so weit: Linkin Park enterten das NRG-Studio in Hollywood, um ihr Debüt-Album „Hybrid Theory“ aufzunehmen. Der Titel steht für die Musik, die das Sextett in der gesamten Karriere fabrizierte – denn die Platten fahren nie eine gerade Linie und glänzen durch Kreuzung­en un­­­terschiedlicher Genre. Innerhalb von vier Wo­­chen wurde das Werk fertig gestellt und am 24.10.2000 auf den Markt gebracht. Die zwölf Songs schlugen ein wie eine Bombe. In einer Zeit, in der Kaugummi-Pop an der Macht war, stellte der sogenannte „New Metal“­ eine will­kom­mene Abwechslung dar. Der üb­liche Be­griff „Metal“ wurde durch ein „New“­ ergänzt, um sich klar vom 70er und 80er Metal abzu­grenzen – denn mit diesem wollten Gruppen wie Linkin Park nichts zu tun haben.

Hybrid Theory“ landete in den Top 5 sämt­licher Charts (u. a. Deutschland, USA, UK) und verkaufte sich bis heute über 30 Millionen Mal. Der steile Erfolg lag auf der einen Seite wohl an dem bis dato untypischen Mix aus Hip­-­Hop und Metal sowie an den authen­ti­schen Texten, die aus dem wahren Leben stam­men. Besser gesagt: aus Chesters Leben. Die Songs handeln von Alk­o­hol, Drogen und Miss­brauch. Din­ge, mit denen Ben­nington schon früh in Be­rührung ge­kommen ist: Als er noch ein klei­n­er Junge war, wurde der Sän­ger regel­mäßig von ein­em Bekannten der Familie ver­ge­waltigt. Weil er sich dafür schä­m­te, ver­trau­te er sich niemandem an und das, ob­wohl sein Vater auf Missbrauchsfälle bei Kindern spe­­ziali­siert war. Stattdessen drück­te sich Che­s­­ter in Zeichnungen und der Musik aus. Das reichte auf Dauer nicht, weshalb er zu Drogen und Al­kohol griff – Rauschmittel, die ihn sein Leben lang ver­folgen würden.

 

Ich habe so viel Acid, Crack und Opium ein­geworfen, dass es an ein Wunder gren­zt, dass ich heute noch sprechen kann.“, gab der Front­mann zu, „Ich wog nur noch 55 kg – meine Mutter sagte, ich sah aus wie ein In­haft­ierter von Auschwitz.“.

 

Da Linkin Park nun in aller Ohren und Mun­de waren, verirrte sich ein alter Bekan­nter zurück: Dave Farrell. Um nicht wieder von der Bild­fläche zu ver­schwinden, fingen Chester & Co. an, eifrig an neuem Material zu arbeiten. Als Produz­ent wurde erneut Don Gilmore ver­pflichtet. So enterte „Meteora“­ am 25.03.2003 die we­­lt­weiten CD-Regale und schoss an die Spitzen sämt­licher Charts. Aufgrund der Ähn­lichkeit zu „Hy­brid The­o­ry“­ wurde Shino­das Ziel „neu­e Wege der Kreativität zu fin­den“ ver­fehlt. So schwor sich die Gruppe, nie wieder eine Plat­te zu pro­du­zieren, die vor­herigen Al­ben glei­cht.

 

Die Jungs merkten, dass sowohl das Tour-Le­ben als auch die Al­bum-Produktionen in diesen kur­zen Ab­ständen zu stressig waren – Chester erkrankte sogar an einer Gastritis, weshalb er op­eriert werden musste. So zogen sie sich von­einander zurück und sammelten neue Kräfte. Währ­end der Schaf­fens­­pause grün­det­en die Fro­nt­­männer jeweils Ne­b­en­projek­te, um ihre mu­si­­ka­­l­i­sche Leiden­schaft, die nicht zu Lin­kin Park passte, auszuleben. Mit Fort Min­or tau­ch­te Mike Shi­noda 2005 tiefer in die Welt des Hip-Hops ein und bra­chte prompt die erfolgreiche Platte „The Rising Tied“­ in­kl. des Hits „Re­member The Name“ auf den Markt. Ches­ter gründete mit Dead By Sun­rise eine For­m­ation, die sich noch düs­te­r­en Texten und Tön­en zuwandte, als es Lin­kin Park ohnehin schon taten. Der Gruppen­na­me steht für die Grundstimmung des Sän­gers: „Ich war mir nie sicher, ob ich den Son­nen­aufgang des näch­sten Tages miter­leben wür­de.“. 2009 erschien mit „Out Of Ashes“­ die erste und einzige Platte.

 

Während es seit Anfang der steilen Kar­riere so wirkte, als habe Chester seine ma­nische Depression und Drogenprobleme tatsäch­lich im Griff, erlitt der Sänger 2005 ein­en herben Rückschlag, als sich seine erste Ehe­frau Sa­mantha Marie Olit von ihm schei­den ließ. Bennington verkraftete die Tren­nung so sch­­lecht, dass er in ein dunkles Loch fiel und sich nur mit Drogen und Alkohol retten kon­nte: „Im Nachhinein kann man sagen, dass ich mich zu Tode saufen wollte.“. Ein Jahr später unterzog er sich erstmalig einer Ent­ziehungs­kur und heiratete daraufhin das ehe­malige Playboy-Model Talinda Ann Bent­ley (41) – die neue Liebe sowie die Unter­stützung seiner Kollegen holten ihn aus dem dunklen Loch heraus.

 

2006 setzte sich das Sextett wieder zusam­men, um das dritte Album zu planen. Damit der Weg in keiner Sackgasse landet, wurde Rick Rubin als Pro­duzent verpflichtet. Er brachte eine neue Sicht­weise mit und er­munterte die Truppe, sich mu­sikalisch auszu­probieren und neue Ein­flüsse zu­zulassen. So erschien am 14.05.2007 „Minutes To Mid­night“, das sämtliche Chart-Spitzen stürmte. Die zwölf Stücke haben nicht mehr viel mit den beiden Vorgängern zu tun – dies­es Mal dominieren ruhigere Gesangs­pas­sag­en, die er­stmals ebenfalls von Mike über­nommen wur­­den. Hip-Hop und Metal sind in den Hin­tergrund gerückt. Mit dem neuen Sou­nd eta­blieren sich Linkin Park im Mai­n­stream-Bereich, ver­lieren jedoch viele, ein­ge­fleisch­te Rock-Fans.

 

Nachdem die dazugehörige Tour, auf der Ches­ter sich in Melbourne das Handgelenk gebro­ch­en hat, erfolgreich beendet wurde, fand sich die Gruppe mit ihrem Produzenten Rick Rubin im Studio wieder. Gemeinsam skizziert­en sie das vierte Studioalbum. Die Gitarren rückten in den Hintergrund und er­st­­mals wurden ele­k­tronische Klänge zuge­lassen – der Metal und Hip-Hop wurde abge­streift und die Tür zum Synthie-Pop/Rock geöffnet. Für Fans, die sich eine „Back to the roots“-Platte wü­n­sch­ten, folgte am 08.09.2010 der metapho­rische Faustschlag ins Gesicht: Denn an diesem Tag erblickte „A Thousand Suns“ das Licht der Welt. Ein klasse Album. Aber wer auf den harten Style der Anfangstage steht, kann hier­mit nicht viel anfangen.

Um in eine weitere künstlerische Welt einzu­tauchen, wagte sich Bennington an die Schau­spielerei und verkörperte Evan in Saw 3D (2010). Kurz darauf ging es schon wieder auf Welt-Tournee. Einmal mehr war Ches­ters Kör­per dem Tournee-Stress nicht gewach­sen. Er er­krankte, sodass drei Konzerte abgesagt wer­d­en mussten und brach sich in Asien die Schulter. „Seit ich 30 Jahre alt bin, habe ich ständig körperliche Probleme“. Ob­wohl der Band-Stress den Sänger zunehm­end auslaugte, wollte die Gruppe keine Zeit ver­lieren und qu­artierte sich nach sehr kurzer Pause wie­der mit Rick Rubin im Studio ein. Statt musi­kalisch noch einen weiteren Schritt nach vorne zu ge­hen, kramten Mike & Co. in der Rock- und Hip-Hop-Kiste und brachten wahre Schä­tze hervor. Dem Synthie-Sound haben die Jun­gs nicht kom­plett abgeschworen, doch auch der kommt dieses Mal viel härter daher, als beim Vor­gänger. „Wir wollten ein brachiales Werk er­schaffen, ohne zum Metal zurückzukehren“, er­klärt Shinoda die neue Platte „Living Thin­gs“, die am 20.06.2012 erschien.

Obwohl Chester sich nicht sicher war, ob sein Körper dem Tournee-Alltag weiterhin stand­halt­en würde, nahm er das Ange­bot an, bei sei­n­er Lieblingsband Stone Temple Pi­lots für Sän­ger Scott Weiland († 2015) einzu­sprin­gen. Der Frontmann über­sta­nd die Proze­dur ohne größere Schäden, so­dass Linkin Park nun an der sechsten Platte arbeiten konnten. Ziel war es, die Werke in einem Rhy­th­mus von zwei Jah­r­en zu veröffentlichen. Da sich die Kalifor­nier in ihrer Sache inzwischen sicher waren, ver­zichteten sie erstmals auf einen externen Produzenten, sodass Mike Shi­noda und Brad Delson den Job erledigten. Ob­wohl ersterer vie­le Song-Ideen gesammelt hat, die die Philo­sophie der beiden Vorgänger-Platten weiter­tra­gen würden, verwarf er diese wieder, um einen alten Weg neu zu besiedeln. Während der Ko­m­position entdeckte Brad die Gitarre wie­der, sodass diese eine große Rolle auf „The Hun­ting Party“ spielt, das am 13.06.2014 auf den Markt kam. Es scheint, als hätte das Sextett wieder einige Schritte zurück zum Ursprung ge­wagt. Ein großer Hoffnungsschimmer für Fa­ns, die sich seit Jahren das „alte“ Linkin Park zurück­wünschten.

Nach der letzten großen Welt-Tournee, brach Chester sich sein Bein so kompliziert, dass es fast ein Jahr dauerte, bis es verheilte. Einmal mehr wurde deutlich, dass der Körper seinem Lebensstil nicht gewachsen war. Als der Säng­er wieder mobil war, enterten Linkin Park ein letztes Mal gemeinsam das Studio, um ihr per­sönlichstes Album aufzunehmen. Als Produ­zen­ten fungierte wieder das Duo Shinoda/Del­son.  Während des Songwritings setzten sich die Jungs häufig zusammen, um über ihr Leben zu reden – über ihre Sorgen und Ängste. Pa­rallel dazu spielte Mike auf dem Klavier und es wurden Lieder kreiert. Nach einer Schaf­fens­phase von zwei Jahren erschien die letzte Stu­dio-Platte „One More Light“ am 19.05.2017. Die CD wurde weltweit von ne­gativer Kritik überschüttet, weil Linkin Park sich einmal mehr in unbekanntem Terrain aus­probierten, was sehr ruhige Mainstream-Töne zur Folge hat. „One More Light ist unsere ganz persönliche Suche nach Licht und Hoffnung“, erklärt Ches­ter, „Leute, die sagen, wir hätten diese neue musikalische Richtung nur aus Marke­ting-Grün­den eingeschlagen, um damit das große Geld zu verdienen, dürfen mich gern vor der Tür treffen, und dann bekommen sie von mir eine aufs Maul, denn das ist verdammt noch mal nicht wahr!“.

Für Linkin Park ist dies die authentischste Platte ihrer Karriere, sagen sie.

 

Besonders der Titeltrack verdeutlicht, mit wel­chen Sorgen sich die sechs Individuen täglich rumschlugen – Zeilen wie „Who cares when someone’s time runs out? If a moment is all we are“ gehen unter die Haut. „Es ist wichtig Sch­merz zuzulassen. Mein Vater hat seit vielen Jahren kein Wort mehr mit mir gewechselt und ich verstehe nicht, weshalb. Das nagt zuneh­mend an mir, weil er langsam älter wird. Eben­diese Gefühle durchlebe ich bei „One More Light“. Die Essenz ist doch immer dieselbe: Wir erinnern uns bei dem Track an et­was, das nicht mehr da ist.“, erzählt Bennin­gton über den Song. „Mike kam eines Tages mit diesem Song ins Studio und sagte, er habe ihn für einen verstorbenen Freund geschrieben. Er erzählte, was ihn dazu bewegt hatte, doch als ich den Track hörte, ging es mir gar nicht mehr darum. Für mich ging es plötzlich um den Tod meiner Mutter, die vor acht Jahren starb, was ich aber nie richtig verarbeitet hatte.“, ergänzt Dave, „Ich wurde von diesem Lied emotional kom­plett auseinandergenommen.“.

 

Während der Promotion zur neuen Platte, wirk­te Chester so glücklich, wie nie. Er war voller Lebensmut und Zuversicht … Als sein bester Freund Chris Cornell (Soundgarden) sich am 18.05.2017 nach langjähr­igen Dep­ressionen das Leben nahm, wurde der Sänger jedoch ko­m­plett aus der Bahn geworfen. Bei der Be­erdigung Cor­nells sang Bennington eine herz­zer­reißende Version des Cohen-Klas­sikers „Hal­­leluja“, um kurz darauf während der „One More Light“-Perfomance bei der Jim­my Kim­mel-Show fast in Tränen auszu­brechen. „Na­ch­dem Chester gesehen hat, wie sehr die Familie Cornell unter dem Tod litt, hätte ich nie gedacht, dass er sich je et­was antun würde.“, erzählt Witwe Talinda. „Er gab mir und den Kindern einen Ab­schieds­kuss. Dann sah ich ihn nie wieder.“.

 

Die grausame Kindheit, der Alkohol- und Dro­gen-Konsum, der anfällige Körper, die unsich­ere Seele sowie der Verlust seines besten Freu­n­des; all diese Faktoren ließen kein Licht mehr in Chesters sehr dunkler Welt zu. „Wenn die Musik nicht wäre, wäre ich schon längst tot.“, gab er einst zu. Doch nicht einmal seine Band konnte ihn noch retten. Am 20.07.2017 verlor Chester Bennington seinen lebenslangen Ka­m­pf gegen die inneren Dämonen, als er sich in seinem Haus in Palos Verdes Estates im Alter von 41 Jahren erhängte. Er hinterlässt neben seiner Witwe seine sechs Kinder Jaime (22), Isaiah (20, beide adoptiert), Draven (16, aus erster Ehe mit Samantha), Tyler (12) und die Zwil­lingsmädchen Lila und Lily (6, aus der Ehe mit Talinda).

 

Am 29.07.17 nahmen seine Familie und eng­sten Freunde – zu denen auch Mike, Brad, Dave, Rob und Joe gehören – Abschied von ihrem tragischen Hel­den. Die private Trauer­feier fand in ein­em Botanischen Garten in Rancho Palos Ver­des statt.

 

Ob und wie es mit Linkin Park weitergeht, ist noch ungewiss. Sicher ist aber, dass die Musikwelt und jeder einzelne Zuhörer sie nie vergessen werden.

Justine Stock

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