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OXMOX Interview: JENNIFER ROSTOCK – Große Klappe, viel dahinter …

Nach fast zehn Jahren Bandgeschichte und fünf Alben steht fest, dass es bei Jennifer Weist (29) und ihrer Band um mehr geht, als Tattoos und Metall im Gesicht. Ihr Weg hat die Punk-Rocker über Scheißfrisuren, Kau­gummipop-Experimente und Bühnen jeden Ausmaßes quer durch die Republik geführt. Das neue Werk „Genau In Diesem Ton“ ist ein Plädoyer für den Mut, in sich hineinzu­hören, sich auszuprobieren und sich so zu lie­ben wie man ist – um es laut herauszuschreien …

Vor acht Jahren haben wir euch vor „einer Hand voll“ Menschen beim Showcase im Gruenspan gesehen …

Um unsere Kritiker von damals zu zitieren: „Das haltet ihr kein Jahr durch“. Wir haben es locker angehen lassen – um’s familienfreund­lich zu formulieren – und uns nicht wirklich Gedanken darüber gemacht, wie es weiterge­hen könnte. Wir wollten einfach nur touren und Spaß haben. Irgendwie geht das seit fast zehn Jahren gut. Ja, wird sind ehrlich gesagt ziemlich überrascht!

Das „Haifischbeckenbusiness“ hat euch bereits auf „Mit Haut & Haar“ beschäf­tigt. Auf der neuen Platte widmet ihr dem Thema erneut einen Song …

Wir sitzen ziemlich fest im eigenen Dampfer: Alles, was wir tun, ist völlig selbstbestimmt. Uns ist es wichtig, dass wir auch bei einem Major alle Freiheiten haben, um Fehler we­nigstens aus eigener Hand zu begehen. Das ist ein Haufen Arbeit, aber so werden keine Entscheidungen über unsere Köpfe hinweg getroffen. Das Schöne ist, sobald wir fünf zu­sammen sind, sind wir dieselben Deppen von damals – wir erden uns gegenseitig.

Welches Defeater-Album hat euch zu Ja­son Maas geführt?

Baku und Christoph feiern die Band schon seit „Travels“ (2008). Als es darum ging, wer unser nächstes Album produzieren soll, fiel der Name Jay Maas und wir haben auf gut Glück eine Mail geschrieben. Ohne damit zu rechnen, jemals eine Antwort zu erhalten. Die kam dann aber – er hätte sich angeblich sogar mit unserem Werdegang befasst. Wir haben natürlich kein Wort geglaubt, aber das war auch egal! Unsere beiden Fanboys sind auf’s Groezrock gefahren, wo Defeater auf­getreten sind, und es gab eine Kennenlern­runde bei Discoschorle … Die Funken flogen und die Zusammenarbeit wurde eingetütet. Wir sind nach Amerika geflogen und haben uns drei Wochen lang bei Jay einquartiert. Es war ziemlich unterhaltsam, denn abgesehen davon, dass er ein Top-Produzent ist, kann er Anekdoten erzählen bis zum jüngsten Geri­cht!

Und was gefällt euch an der Zusammenar­beit mit Vincent Sorg (u. a. Die Toten Ho­sen)?

Seine unverblümte Ehrlichkeit: Bei unserem ersten Meeting hat er nicht lange gefackelt sondern direkt damit losgelegt, was ihm an unserem bisherigen Material nicht passt und was wir alles verbessern könnten. Er ist eine Good Cop – Bad Cop Onemanshow!

Gefühlt wird auf der neuen Platte mehr geshoutet, denn je – welche Sänger/innen haben Jennifer beeinflusst?

Leider nicht besonders viele, was zum leidi­gen Thema führt, dass es einfach viel zu we­nige Frauen gibt, die es überhaupt versuchen. Rein technisch war Melissa Cross eine gute Hilfe. Sie ist Vocalcoach und hat ein paar DVDs mit dem Namen „Zen of Screaming“ veröffentlicht – die können wir unbedingt empfehlen.

Gibt es einen neuen Song mit einer beson­deren Geschichte?

Wir haben während der Entstehung des Al­bums über viele Themen gesprochen. Es war uns mehr denn je wichtig, das zu formulieren, was uns aktuell wirklich berührt. Zum Bei­spiel „Wir Sind Alle Nicht Von Hier“ – die Thematik tragen wir schon lange mit uns he­rum, aber es hat gedauert bis wir einen Text hatten, der unsere Haltung wirklich auf den Punkt bringt. „Hengstin“ und „Silikon Ge­gen Sexismus“ sind aus langen nächtlichen Diskussionen zum Thema Sexismus und Fe­minismus entstanden. „Jenga“ ist für Jenni­fer ein sehr nahgehender, autobiografischer Song. Da sind im Studio Tränen geflossen …

Ihr habt das Label gewechselt …

Das war kein bewusster Wechsel. Wir waren eigentlich zufrieden mit Warner – unser Ver­trag ist einfach ausgelaufen und wir hatten nach all den Jahren Lust, was anderes auszu­probieren. Da fiel die Wahl auf Four, weil die noch ein verhältnismäßig junger Player im Game sind, das hat uns gereizt! Ab dem ers­ten Treffen war klar, dass wir dieselbe Vision für die Platte haben.

Habt ihr manchmal das Gefühl, dass eurer optischen Erscheinung zuviel Aufmerk­samkeit gewidmet wird?

Tatsächlich hat diese Tatsache unser aktuelles Albumcover inspiriert. Einfach mal die Köp­fe abzuschneiden, erschien uns konsequent. Natürlich finden wir’s albern, wenn in den Kommentaren der Videos erst über Jennifers Haarfarbe debattiert werden muss, aber so sind die Leute halt. Wir wissen allerdings, dass es eine Mehrheit gibt, die sich wirklich mit der Musik beschäftigt – das reicht uns!

Im September geht es auf eine Tour durch kleinere Clubs (u. a. 06.09. Knust). Welche Erinnerungen habt ihr an Shows in Ham­burg?

Nicht viele, aber das ist ein gutes Zeichen! Wir haben meistens in der Großen Freiheit gespielt – wirklich einer der schönsten Live­clubs Deutschlands. Einziges Problem: Man fällt quasi aus dem Laden in den Schnaps!

Was müsst ihr unbedingt unternehmen, wenn ihr mal in Hamburg seid?

Wir wünschten, wir hätten die Zeit uns an Konzerttagen irgendwas von der Stadt anzu­schauen! Zur Promo des letzten Albums ha­ben wir mit Fans eine Hafenrundfahrt gema­cht. Sowas ist toll, das sollte man in seiner ei­genen Stadt viel öfter machen: Touri im ei­genen Kiez!

Was ist euer abgefahrenstes Tour-Erleb­nis?

Oh Gott. Wo soll man da anfangen? Wobei unsere wilde Anfangspubertät schon weit hin­ter uns liegt – mittlerweile halten sich die Es­kapaden deutlich in Grenzen. Wenn du wüss­test, wie unspektakulär unsere Tage verlaufen …

Was war eure peinlichste Live-Panne?

Das ist einfach: Hurricane 2008! Unser Git­arrist steckte in einer Autobahnvollsperrung fest und kam 10 Minuten zu spät zu unserem 20-minütigen Set. Wir hatten schon mal ohne ihn angefangen und Joe versuchte, die Gitar­renparts auf dem Keyboard zu übernehmen. Keiner konnte während der Show den Blick Richtung Publikum heben, so peinlich war das. Es klang wie ein sehr schlecht gespielter Kindergeburtstag.

Fünf Catering Must-Haves …

Ingwer, Pfeffi, Avocado, Limetten und genug Zeug für unsere Veganer. Nur eins davon ist Suff – da siehst du mal, wie langweilig wir geworden sind!

Fünf No-Goes …

Wurstplatte, Paderborner Bier (wobei keiner mehr so richtig weiß, warum eigentlich), Stinkekäse, Filterkaffee und schlechtes Ko­kain. Kleiner Scherz, war nur ein miserabler Versuch, unser Image wieder ein wenig auf Rockstar zu kehren …

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