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PEARL JAM – Grunge mit Öko-Siegel

Die Grunge-Gründerväter haben sich durch authentische Rockmusik weltweit etabliert. Seit fast 25 Jahren stehen Eddie Vedder (49, Ges.) & Co. für emo­tions­geladene Auftritte und politisches Engagement. Bis heute füllen die Ameri­kaner Arenen. Diesen Sommer kommen Pearl Jam nach Berlin (26.06.), spielen beim Opener in Polen (02.-05.07.) oder Rock Werchter in Belgien (03.-06.07.) …

Alles beginnt mit einem tragischen Todesfall: Andrew Wood (1966-1990, Ges./ P.), Sänger der Band Mother Love Bone, der auch Stone Gossard (47, Git.) und Jeff Ament (51, B.) angehörten, starb 1990 an einer Überdosis Heroin. Das Ableben des Sängers bedeutete das Ende der Band. Dabei war der Erfolg der Truppe gerade erst ins Rollen ge­kommen: Man landete dank Gene Simmons (64) von Kiss mit einem Video bei MTV und hatte einen Deal bei einem Majorlabel in Aussicht. Woods Zimmer­ge­nosse, Sound­garden-Sänger Chris Cornell (49), nahm einige Songs als Tribut für seinen Freund auf. Das Projekt mündete in dem Album: „Tem­ple Of The Dog“für das Mike McCready (48, Git.) zu Gossard und Ament stieß.Ihre Musik gelang über ein Demo in die Hän­de des kalifornischen Tankwarts Eddie Ved­der (49, Ges.). Ergänzt durch Vo­kal­spuren (u.a. für „Alive“ und „Black“), schickte er das Tape zurück. Ament, Gossard und McCready zeigten sich beein­druckt und gründeten mit dem nach Seattle gesiedelten Vedder nach zwei Namensände­rungen die Band Pearl Jam.

Ihr Debütalbum „Ten“traf 1992 haargenau den Zeitgeist. Emotionaler als der zuvor populäre Hair Metal bot Pearl Jam lau­nenhafte, introver­tierte Musik mit Hardrock- und Punk-Einflüssen. Das Werk verkaufte sich bis heute weltweit mehr als elf Millionen Mal. „Alive“, „Even Flow“ und „Once“ hörte man wochenlang im Radio, Auftritte beim PinkPop-Festival und MTV-un­plugged folgten im selben Jahr. Die Single „Jeremy“, inspiriert vom Selbstmord eines Teenagers vor seiner Schulklasse,gewann bei den MTV Video Awards.Die Seattle-Grunger traten im Hollywood-Block­buster „Singles“ als Band von Film-Rocker Matt Dillon (50) auf. Bald gehörten Pearl Jam zu den erfolgreichsten Rockcombos, was ihnen ein Jahr später zum Verhängnis wird: Als sich Kurt Cobain 1994 erschoss, ist Vedder für die Weltpresse plötzlich der alleinige noch lebende „Heili­ge“ des zum Kult avancierten Seattle-Sounds.

Mit diesem Stempel hat Vedder zu­nehmend Probleme. In Interviews zeigte er sich schweigsam, fiel durch Trunkenheit auf und erschien zu Fotoshootings mit Masken. Die Band reagierte auf den Hype mit medialer Abschottung. Bereits ab dem zwei­ten Album „Vs.“, das sich in den ersten 13 Tagen 1,3 Millionen Mal verkaufte, beschloss man keine Videoclips mehr zu drehen. Die ein­zigen Schlagzeilen verursacht­en ausgefal­lene Konzerte, weil Pearl Jam die Preis­politik des US-Monopolisten Ticket­master nicht akzeptie­rten. 1993 gingen sie mit Neil Young (68) auf Tour, zwei Jahre später nahmen die Grunger mit dem Alt­meister das Album „Mirrorball“ auf. In dieser Zeit erschien auch „Vitalogy“, das mit Hits wie „Better Man“ und „Corduoy“ auf Platz eins der Charts schoss. Ihre Popula­ritiät nutzten Pearl Jam mehr und mehr für soziale Be­lange. Sie traten u.a. bei Young’s Bridge School Benefit Concert (1993) auf, engagierten sich für Abtreibungs­rechte und Kosovo-Flüchtlinge. 1994 verließ Drummer Dave Abbruzzese die Band. Ihn ersetzt der ehemalige Red-Hot-Chilli-Pepper Jack Irons (51). Nebenbei pflegten einige Band­mitglieder Zweitprojekte (u.a. Brad, Three Fish).Während eines Reha-Aufenthalts traf McCready, von Geburt an Morbus-Crohn erkrankt, den Bassisten John B. Saunders (The Lamont Cranston Band). Mit ihm, Layne Staley (Alice in Chains) und Barrett Martin (Screaming Trees) gründete er die Blues-Grunge-Band Mad Season.

Die Nebenprojekte der Pearl Jam-Mitglieder trugen dazu bei, dass die Musik ruhiger wurde. Auf dem mittelmäßig erfolgreichen „No Code“traten die Amis 1996 erstmals auf die Bremse. Nur Punkfeger wie „Habit“ oder „Lukin“ erinnerten an die harten PJ-Momente. Der rockige Nachfolger „Yield!“ kommt 1998 auf den Markt. Zwar schafften es Pearl Jam damit in den USA auf Rang 2, weltweit blieb das Werk hinter den Erwartungen zurück. Songs wie „Do The Evolution“ sind wenig Radio tauglich. Dafür schienen sich die Bandmitglieder wieder mit ihrer Be­rühmtheit anzufreunden. Vedder trat in Latenight-Shows auf und die Gruppe gab Interviews. An den Drums fand erneut ein Besetzungswechsel statt: Matt Cameron (51) ersetzte Jack Irons und kam auf dem 98er Livealbum „Live On Two Legs“ zu seinem ersten Pearl Jam-Tonträgereinsatz. Charter­folge feierten die Jungs 1999 mit der Cover­version von Wayne Cochrans (73)„Last Kiss“, der zunächst nur für Mit­glieder des PJ-Fanclubs Ten Club erhältlich ist. Ein Jahr darauf veröffentlichen Vedder und Co. mit „Binaural“ wiederruppigen Rock. Plötz­lich stiegen fünf ihrer Alben gleichzeitig in die amerikanischen Billboard-Charts ein. In­nerhalb weniger Monate publi­zierten Pearl Jam Livemit­schnitte der „Bi­naural“-Tour,   mehr als 70 CDs mit 142 Stunden Musik. Der einzige unveröffentlichte Konzert-Mitschnitt ist der Unglücks-Gig vom Roskil­de-Festival (2000),bei dem neun Menschen zu Tode getrampelt wurden. Dieses Festival markierte einen tiefen Einschnitt in die Musik und Ein­stellung der Band. Pearl Jam verkündeten vielleicht nie wieder auf einem Fes­tival zu spielen. Ihr Song „Love Boat Cap­tain“ (2002) enthält den Text „Lost 9 Friends We’ll Never Know“.

Im Herbst 2001 machte Gitarrist Stone Gossard abseits seines Nebenprojekts Brad mit dem ersten Solowerk „Baby­leaf“von sich reden. Es klang sehr nach seiner Hauptband, lässt eine Vorliebe für Stoner-Rock durch­scheinen. Das siebte Studioalbum „Riot Act“sowie die Single „I Am Mine“ bringt das Quintett 2002 zurück in die Schlag­zeilen, vor allem durch den enthal­tenen Song „Bu$hleaguer“, in dem der damalige US-Präsident George W. Bush öffentlich kritisiert wird. 2004 unterstützten Pearl Jam außerdem Bushs Wahlkampf-Gegner John Kerry auf der „Vote For Change“-Tour. Dass die Plattenverkäufe nicht mehr alten Erfolgen gerecht werden, kümmerte die Band scheinbar wenig. „Wir könnten wie U2 zwei Jahre lang auf Tour gehen und sämtliche Awards mitnehmen”, sinniert Bassist Ament 2002 in einem Interview „aber das wäre es nicht wert. Wir mögen die Vorstellung, eine kleine Band zu haben und ein ausgeglichenes Leben zu führen“. Kein Wunder: Ament selbst gehört seit 1989 der Straight Edge-Bewe­gung an, die sich u.a. durch Alkohol-, Dro­gen- und Fleisch-Verzicht auszeichnet.

Im Sommer 2004 erschien mit „Benarova Hall Ocotber 22nd 2003“ erstmals ein Akus­tik-Livealbum, aufgenommen in der Heimat­stadt Seattle. Unter den 24 Songs befinden sich auch Coverversionen von Johnny Cash, Bob Dylan und The Ramo­nes. Im selben Jahr trennten sich Pearl Jam von ihrer langjährigen Plattenfirma Sony Records. Diese versuchte mit „Rearview­mirror (Greatest Hits 1991-2003)“ein letztes Mal Geld an der Band zu verdienen. Kurz darauf unterschreibt die Gruppe einen Vertrag bei J Records, einer Schwesterge­sellschaft von Sony. Ohne große Company ist es für die Seattle-Rocker schwer, populär zu bleiben. Ihr achtes, selbstbetiteltes Studioalbum neh­men Pearl Jam 2006 mit Sound­garden-Produzent Adam Kasper auf. Inhalt­lich blei­ben sie politisch, werden aber musika­lisch mainstreamtauglicher.„Pearl Jam“verkauft sich weltweit besser als der Vor­gänger„Riot Act“, bleibt aber hinter den Verkaufszahlen von „Binaural“ (2000) zurück. In den fol­genden Jahren spielten PJ auf zahl­reichen großen Festivals wie dem Hurricane, South­side (2007) und Bonnaroo (2008). Rei­henweise Live-DVDs erscheinen.

Backspacer“ wird 2009 veröffentlicht, mit nur 37 Minuten das kürzeste und punkigste Album der Bandgeschichte. Vertrieben durch das eigene Label Monkeywrench Records (USA). Soloausflüge ihres Frontmanns Eddie Vedder („Into The Wild“-Soundtrack 2007 und „Ukulele Songs“ 2011) störten die Har­monie nicht – 2011 erlebte die Grunge-Formation ihr 20. Band­jubiläum und feierte im großen Stil: Mit Geburtstagskonzert (u.a. mit The Strokes, Queens Of The Stone Age und Mudhoney), Livealbum („Twenty Live“) und einer von Came­ron Crowe fest­gehal­tenen Film-Dokumenta­tion („Twenty“).

Ende 2013 meldeten sich die Grunge-Rocker mit „Lightning Bolt“zurück. Sie bewegen sich wieder zu ihren Wurzeln, vertonen Ärger durch Punk und grüblerische Me­lancholie mit glaubhaftem Grunge. Textlich widmen sich Pearl Jam ihrem Familienleben. Die Alt-Rocker sind teilweise verheiratet und haben Kinder. Das kommt an: Die Platte schießt in sieben Ländern sofort auf Platz eins der Charts! Auch nach einem Viertel­jahrhundert sind Pearl Jam noch lange nicht von der Bühne weg­zuden­ken und rocken mit euch durch den Sommer …

Mirjam Bär

Diskografie:

1991: Ten

1993: Vs.

1994: Vitalogy

1996: No Code

1998: Yield

2000: Binaural

2002: Riot Act

2003: Lost Dogs (Outtakes Collection)

2004: Rearviewmirror (Greatest Hits)

2006: Pearl Jam

2009: Backspacer

2011: Pearl Jam Twenty (Greatest Hits)

2013: Lightning Bolt

 

www.pearljam.com

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