Kurz vor der besinnlichen Adventszeit, in der Weihnachtsmärkte mit Glühwein und vielen Leckereien locken, aber durch unzumutbare musikalische Untermalung abschrecken, gibt es im Norden unserer schönen Republik die Möglichkeit, in feiner Gesellschaft und zu guter Musik die Adventszeit willkommen zu heißen. Das METAL HAMMER PARADISE heißt stets Ende November am Weissenhäuser Strand all jene Willkommen, die auch im Winter nicht auf die heißgeliebte Festivalstimmung verzichten können oder bis zum Sommer warten wollen. Klar, die Temperaturen sind zu dieser Jahreszeit nicht gerade kurze-Hose- oder oben-ohne-tauglich, aber schließlich gibt es ja mittlerweile genug Bandmerchandise jenseits einfacher T-Shirts, die dafür Sorge tragen, dass der geneigte Metalhead nicht frieren muss. Und auch die Location ist dem Wetter angepasst, nämlich Indoor oder im Falle der MainStage – das Wortspiel sei uns erlaubt – „In Tent“. An zwei Tagen tummeln sich eine Menge Bands auf den drei Bühnen, so dass definitiv keine Langeweile aufkommt und man auch ohne Gym oder dem prädestinierten Strandspaziergang an der Ostsee fitnessmäßig auf seine Schrittzahl kommen kann.
Aber man muss trotz allem erstmal dort ankommen. Dieses Jahr war es sehr von Vorteil, wenn man seine Winterreifen schon aufgezogen hatte, denn Frau Holle musste am Freitag des MHP erstmal ihren Frühjahrsputz nachholen und hat Ostholstein zwischenzeitlich ordentlich mit Schnee versorgt und dabei natürlich die Autobahnen nicht verschont. So ging es zeitweise mit Winterreifen nur im zweiten Gang auf der Autobahn hinter Autos ohne Winterreifen Richtung Festival. Aber lieber später ankommen, als gar nicht mehr ankommen lautete die Devise.
Eigentlich war angepeilt, zur zweiten Band ANVIL schon da zu sein, aber leider machte uns das Wetter dabei einen Strich durch die Rechnung und auch der Auftritt von DESERTED FEAR fiel Frau Holle zum Opfer. Kaum angekommen, wurde jedoch aufgrund einer akuten Sturmwarnung das große Musikzelt vorerst evakuiert. Immerhin unser erstes persönliches Highlight auf der Setlist, nämlich EQUILIBRIUM, konnten wir pünktlich ab der ersten Sekunde mitverfolgen. Mit ihrem neuen Sänger Fabian hatten die Bajuwaren das Publikum schnell im Griff und konnte von Beginn an auf Headbanger und einige Circlepits als Stimmungsmacher im Publikum zählen.
Direkt im Anschluss ging es für uns weiter ins Warme und vor die Bühne des Baltic Ballrooms. Dort schickten sich die BURNING WITCHES an, die Stimmung weiter aufzuheizen. Mit klassischem Heavy Metal, virtuoser Spielfreude, viel weiblichem Charme und einer Prise Magie gelang es den Damen um Front-Hexe Laura Guldemond auch mühelos, die Anwesenden zu überzeugen, dass Heavy Metal längst keine Männerdomäne mehr ist. Weiter ging es mit U.D.O., die Band um den ehemaligen ACCEPT-Sänger Udo Dirkschneider, dessen markante Reibeisenstimme seit einem halben Jahrhundert die deutsche Metallandschaft nachhaltig geprägt hat. Der auch ‚German Tank‘ genannte Dirkschneider wurde vom Publikum gefeiert, allen voran bei den alten ACCEPT-Songs wie ‚Metal Heart‘ und ‚Fast As A Shark‘. Als Headliner des Freitag enterten eine halbe Stunde vor Mitternacht SALTATIO MORTIS die Bühne. Auch ohne die für gewöhnlich bei ihren Auftritten großzügig eingesetzte Pyrotechnik (aufgrund der Brandschutzauflagen waren diese nicht erlaubt) und ohne ihren krankheitsbedingt daheim gebliebenen Dudelsackspieler Luzi, hatten die Spielleute um Sänger Alea das Publikum von der ersten Sekunde an fest im Griff. Die Mittelalterrocker, deren Alben seit 10 Jahren stets auf Platz 1 der Albumcharts einsteigen, sorgten bei einer brilliant abgestimmten Lightshow mit ihrem Set für Feierstimmung im ganzen Festzelt!
BILDERGALERIE TAG 1
Den Samstag eröffneten die Hamburger Alternativ Rocker PYOGENESIS um ihren Leadsänger Flo Schwarz im großen Festzelt, das für die frühe Uhrzeit schon sehr gut gefüllt war. Im Anschluss enterten die Portugiesen von MOONSPELL die Bühne. Die Dark Metaller, die derzeit mit DARK TRANQUILLITY auf Tour sind, begeistern seit über 30 Jahren junge und alte Fans und auch ihre Klassiker ‚Opium‘ und ‚Alma Mater‘ durften in der Setlist auf dem MHP nicht fehlen. Im Baltic Ballroom folgte mit LEAGUE OF DISTORTION eine junge Band aus dem Schwabenland. Mit Frontfrau Anna Brunner (EXIT EDEN) und Gitarrist Jim Müller (KISSIN’ DYNAMITE) brachte die Modern Metal Band die kleine Bühne fast zum Einsturz und den Saal zum Beben. Zurück im Festzelt ging es mit den deutschen Old School Metal Legenden GRAVE DIGGER wieder in Richtung klassischen Heavy Metal. Die Band um Sänger Chris Boltendahl ist seit jeher ein Garant für gute Stimmung und sie haben ihre kreuzritterliche Mission auch diesmal nicht verfehlt. EVERGREY machten ihrem Namen alle Ehre, denn mit ihren melodisch-melancholischen Songs würden sie es sogar schaffen der Sonne ein paar Tränen zu entlocken. Auch wenn die Texte der Schweden meist düstere Inhalte tragen, so bittersüß raffiniert werden diese musikalisch untermalt und sorgten für Träumen und sehnsüchtig Blicke bei den Fans, die die Atmosphäre sichtlich genossen. Ebenfalls aus Göteborg stammen die Schweden von DARK TRANQUILLITY, die im Rahmen ihrer ‚Endtime Signals Tour‘ mitsamt ihrer Supportbands auf dem MHP gastierten. Souverän wie sympathisch hatte die Band um den charismatischen Sänger Michael Stanne das Publikum fest im Griff, das alte wie neue Songs mitfeierte. Den Baltic Ballroom nahmen derweil die bayrischen DUST BOLT auseinander, deren New Thrash Metal, energiegeladen wie die Musiker selbst, seinesgleichen suchte. Pünktlich zur Prime Time stand dann auch TOM JONES auf der Bühne des großen Zeltes. Ok, nicht in natura sondern in Form eines Pappaufstellers, denn schon obligatorisch war sein Song ‚Delilah‘ das Intro für den Auftritt der heimlichen Headliner von GLORYHAMMER. Die britischen Power Metaller hatten keine Mühe, die Stimmung im Zelt binnen kürzester Zeit auf den Siedepunkt zu bringen. Eine kleine Premiere hatte die Band indes auch parat, denn Zargothrax (Michael Barber) feierte seinen Einstand weg von den Keyboards nun an die Position als zweiter Gitarrist. Mit GRAND MAGUS beschloss nochmals eine schwedische Band den Abend im Baltic Ballroom, während sich das Festzelt nochmals für den Headliner ACCEPT füllte. Klassischer deutscher Heavy Metal der alten Schule, Hits, die seit Jahrzehnten auf internationalen Bühnen und in Rockclubs gespielt werden – damit kann man als Veranstalter nichts falsch machen und die Band um Gitarrero Wolf Hoffmann war die richtige Wahl, um das METAL HAMMER PARADISE 2024 in einem würdigen und rockenden Rahmen abzurunden.
Text von Ulli
Bilder von Ulli & Nola