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Der Tag danach – ein Interview mit U.D.O.

Hier kommt nun also endlich das versprochene Interview mit UDO DIRKSCHNEIDER, das wir einen Tag nach seinem Auftritt bei der  ’40 Jahre DORO Jubiläums Show’ in WACKEN mit ihm in gemütlicher Atmosphäre führen konnten. Lehnt Euch zurück und genießt ne Kanne Kaffee.

Here we go.

Rockasmurf:

Danke, dass Du Dir heute ein wenig Zeit für Björn und mich genommen hast.

Erste Frage natürlich: Du warst gerade in Wacken mit DORO auf der Bühne. Wie war es für dich, diese ganze Situation in diesem Jahr, wie hast Du es erlebt?

 

UDO:

Es war, sag ich mal … abenteuerlich.

Ich meine, Du kannst die Künstler natürlich Backstage nicht durch den Matsch laufen lassen, aber ansonsten so wie ich das auf dem Hinweg gesehen habe und auch auf dem Gelände selbst, ich hab ja Wacken schon ein paar mal im Regen erlebt. Aber so hab ich es noch nicht gesehen. Also echt unterirdisch (bezogen auf die Vor-Ort-Bedingungen). Aber die Show (mit Doro) war wunderbar. Wir haben es überlebt. *lacht*

 

Rockasmurf:

Im Stream von Magenta TV hat man es gut von zuhause aus verfolgen können.

DORO hatte ja auch wirklich einen dicken Batzen an Gästen dabei. Neben Dir waren ja auch Hansi Kürsch (BLIND GUARDIAN), Joey Belladonna (ANTHRAX), Michael Rhein (IN EXTREMO), Chris Caffery (TSO), Uli Jon Roth und Mikkey Dee (SCORPIONS) mit dabei.

 

UDO:

Ja, das hat mir auch Riesenspaß gemacht. Aber ich kenne natürlich auch alle, das ist immer wie ein großes Familientreffen.

 

Rockasmurf:

Wir haben jetzt die ersten Livestreams gesehen, zum Beispiel URIAH HEEP, und so im Gespräch mit Leuten, die in unserem Alter sind (so 45 bis 50) sind viele dabei die sagen: ja, wir brauchen neue Bands, neue Einflüsse, wir hören auch gerne neue, kleine, noch unbekanntere Bands, aber die Hütte abreißen, das schaffen die alten Bands immer noch. Oft sogar stärker als die jungen, neuen. Wie ist Dein Gefühl? Stimmt das oder ist das eher ein falsches Gefühl unserer Generation?

 

UDO:

Da könnte ich ganz viel zu erzählen, das würde aber wohl eher den Rahmen sprengen. Trotzdem: Ich sag mal so, womit ich ein Problem habe – die stechen alle nicht mehr aus der Masse der neuen Bands raus. Du fragst dich: sind das jetzt die Roadies oder sind die jetzt sind die Musiker, da kommen keine Charaktere mehr auf die Bühne, Und man weiß nicht, ob die selbst damit zufrieden sind? Du musst doch die Leute unterhalten. Als Band! Wenn ich heute nochmal neu anfangen würde – um in dem ganzen Wust an neuen Bands, musst Du heute mehr herausstechen als früher. Auffallen!

Nur mal als kleine Beispiele: POWERWOLF, LORDI.. Die fielen sofort auf. Da kommen meinem Gefühl nach viele Bands, die alle ähnliche Musik machen, auch natürlich auch gute, aber die fallen nicht auf und sind dann nach 2 Jahren oder 5000 Umbesetzungen weg. Da hat sich vieles verändert. Das liegt aber auch nicht nur an den Bands, da sind ja die Plattenfirmen teils bisschen mit dran Schuld et cetera et cetera, was ja auch noch wieder so ein Riesenthema wäre.

 

Rockasmurf:

Da gibt es ja gerade im Metalbereich viele Kontroversen, gerade auch um Nuclear Blast und Atomic Fire, da hat es ja in den letzten Jahren viel Gerede gegeben.

 

UDO:

Ich bin ja inzwischen bei Atomic Fire. Da sind ja eigentlich die Leute, die Guten, die bei Nuclear Blast wegen ganz anderer Geschichten dahinter, raus sind. Das ist, warum ich damals auch von AFM weg bin. Damals hat irgendeine französische Firma (Believe Anm. d. Red.) alles aufgekauft und die wollte alles nur noch auf digitalen Wegen veröffentlichen. Auch damals haben wir schon gesagt, bei unserer Art Musik wird das so nicht funktionieren.

Das kannst du mit Pop und Ähnlichem machen, aber nicht mit echtem Rock und Metal. Und inzwischen sind viele ja bei Nuclear Blast auch aus diesen Gründen weg.

 

Rockasmurf:

Wo wir denn jetzt gerade bei Scheiben und Alben sind. Am 25.8. Kommt ja dein neues Album raus: ‚Touchdown’. 2 Wochen vorm Kick Off der NFL Football Saison quasi direkt der erste Touchdown der neuen Saison.

 

UDO:

Ja, Touchdown. Da kamen gleich wieder viele Kommentare aus Deutschland, “ja, hätte man ja auch Fußball nennen können”. Blöd oder? Das hat alles irgendwie gar nichts damit zu tun, wir hatten eigentlich wirklich diesmal ein Problem, wie wir das Album nennen wollten. Dann saßen wir in Brasilien am Flughafen in der Sportsbar und es lief Football. Ich guck ja auch ab und zu Football, bin jetzt nicht der absolute Riesenfan, aber hin und wieder guck ich halt mal gern. Jedenfalls fiel immer wieder dieses Wort Touchdown also hab ich gesagt, DAS ist der Titel.

 

Rockasmurf:

Also war der Albumtitel vor dem Song-Titel da?

 

UDO:

Ja, den haben wir erst nachträglich noch geschrieben, weil wir ja noch einen Titelsong brauchten. Dann hat uns Peter (Baltes), der schon ewige Zeiten in Amerika lebt, erstmal die Regeln erklärt und dann haben wir quasi das Ding über die Linie gebracht – dieses Album und das passte wie Arsch auf Eimer.

Das Fotoshooting haben wir dann auch ein bisschen anders gemacht, haben uns dann in die Spielerkluft geschmissen und gesagt, machen wir mal was ohne Nieten. So konnte man ein bisschen ein Konzept entwickeln.

 

Rockasmurf:

Ihr habt beim Titel Track “Touchdown” Stefan Pintev, den viele Musikbegeisterte sicher von seiner Arbeit mit Bobby McFerrin , Udo Lindenberg oder auch Lacrimosa kennen, als Violinist mit eingebunden. Wie seid ihr auf ihn gekommen?

 

UDO:

Über unsere Connections mit dem Bundeswehr-Orchester. Wir brauchten jemanden, der Violine spielt, aber eher metalmäßig. Es wurde telefoniert, haben ihn dann anschließend angerufen, nachdem der Tip kam und er sagte nur „ja, mach ich“.

Das hat er dann auch. Stefan hat uns dann den Link geschickt und seinen Part hier in Hamburg aufgenommen. Und da brauchtest du nichts mehr dran zu machen, das war auf den Punkt perfekt. Ich kann nur sagen, dass der Mann absolut weiter zu empfehlen ist.

 

Rockasmurf:

Das klingt nach sehr entspanntem Arbeiten.

Ich habe jetzt schon 2-3 Durchläufe des neuen Albums gehabt. Mich erinnert es ein bisschen an die Zeit, als ich damals mit Udo Dirkschneider in Berührung kam: Accepts ‘Objection Overruled’. Und ich finde die neue Scheibe geht ein bisschen in die Richtung, also wieder schneller, wieder härter. War das Absicht und gewollt von euch oder hat sich das einfach entwickelt?

 

UDO:

Nein, das hat sich entwickelt. Wir hatten viele Situationen, die das beeinflusst haben. Erst Corona und das nervte ja schon. Wir konnten nicht so arbeiten wie normalerweise. Mit beiden Alben, also mit der ‚Game Over’ und auch jetzt mit der ‚Touchdown’. Wir hatten gerade das Studio fertig im Haus meines Sohnes. Alles nagelneu gemacht. Und dann kam diese ‘wunderschöne’ Flut unten im Ahrtal, so dass das Haus vom Keller bis zum Wohnzimmer hoch unter Wasser stand. Damit war das Studio untergegangen. Schlussendlich dann als nächste Nummer kam die Geschichte um unseren Gitarristen Andre, der lebt in der Ukraine.

Da haben wir auch erstmal alles gestoppt und versucht, ihn da irgendwie raus zu kriegen. Wir haben 1000 Sachen probiert, haben aber nichts hingekriegt, also von unserer Seite, und dann hat er ganz zum Schluss gesagt – und das ist jetzt O-Ton – entweder wir sterben jetzt hier oder ich packe die Familie ins Auto und wir gucken das wir zur polnischen Grenze kommen. Das hat er dann auch gemacht, über Schleichwege ist er dort hingefahren. Mein Sohn hat ihn und Familie mit unserem Produzenten abgeholt. Andre war natürlich auch erstmal so die ersten 3-4 Wochen nicht zu gebrauchen. Ich glaube, all diese Erlebnisse sind in die Entstehung des Albums eingeflossen, das war auch so richtig so.

Hat aber auch viel damit zu tun, dass ich mittlerweile auch gesanglich viel mit meinem Sohn eng zusammen arbeite. Das ist eine andere Generation, da kommen andere Ideen und Papa ist ja open minded, wenn der Sohn sagt „mach mal so oder so“. Da sind auch ein paar Sachen dabei –- ich sag mal so: Der Tortenboden ist gleich, aber die Garnierung ist anders und das versuche ich sowieso immer zu machen. Ich weiß auch nicht, vielleicht ist das nächste Album einfach auch wieder kommerzieller. Keine Ahnung. Es war einfach irgendwie alles da, da kamen Sachen angeflogen und ich hab gesagt, ja lass mal probieren. Und das ist doch eine gute Mischung geworden. Das Album jedenfalls geht gut nach vorne, würde ich mal sagen.

 

Rockasmurf:

Ja, vor allem auch schön viele Lieder und nicht nach 7 Song und 24 Minuten wieder alles vorbei…

Wenn wir schon über die einzelnen Mitglieder reden: Peter Baltes kam jetzt aus den USA wieder für diesen Aufnahmeprozess rüber, oder?

 

UDO:

Peter war kompositorisch nicht an dem Album beteiligt aber er hat es mit eingespielt. Eigentlich war ja auch gar nicht geplant, dass Peter jetzt plötzlich der neue Bassist von UDO ist.

 

Rockasmurf:

Aber es passt halt wieder.

 

UDO:

Das ist so plötzlich ein ganz neues Ding bei uns. Der Peter passt da rein wie Arsch auf Eimer, der fühlt sich auch sauwohl, dem macht das auch einen Höllenspaß. Unser alter Bassist, Tilen Hutdrap, ist ja zusammengeklappt auf der Tour nach der zweiten Show und nach 2 Jahren Corona wollten wir jetzt nicht sagen, OK, wir canceln jetzt die Tour und da war es die schnellste Möglichkeit, weil ich mit Peter ja vorher schon zusammengearbeitet hatte. Ich habe ihn angerufen, ihm alles so erklärt. Er hatte dann gesagt, er rufe in einer Stunde zurück. Das tat er auch und meinte, er komme, ich solle alles rüber schicken. Irgendwann hat der Tielen gesagt, er würde aus der Band aussteigen. Bis heute weiß keiner genau warum, das muss er selber wissen. Da saßen wir dann in Brasilien beim Abendessen und haben darüber geredet, das wir ja nen neuen Bassisten brauchen und da hat Peter dann gesagt, er würde dann gerne einsteigen bei uns. Ich fragte, ob er sich sicher sei und er sagte ja, gib mir mal 2 Tage, muss noch ein paar Sachen klären. Und nun haben wir nen neuen Bassisten, das heißt also eher neu, alt, neu. *lacht*

 

Rockasmurf:

Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf die nächsten Konzerte. Wir sehen euch dann hier als ‚Dirkschneider’ dann sicherlich auch mit Peter oder?

 

UDO:

Na klar!

 

Rockasmurf:

Apropos ‚Dirkschneider’: Wie baut ihr diese Shows in Zukunft auf?

 

UDO:

Dirkschneider’ ist ja wirklich nur Accept-Songs. Mittlerweile wissen das ja auch die meisten, wenn da nur ‘Dirkschneider‘ steht, dann wissen Sie was kommt.

 

Björn:

Da gibt’s ja das Gerücht, dass das nicht für ewig so geht aber das stimmt nicht, oder?

 

UDO:

Wir haben damals wegen der guten Nachfrage, gesagt, komm, wir machen 10, 15 Shows als Dirkschneider und wir machen nur Accept-Songs. Letztendlich waren es dann so knapp 300 Shows in knapp 3 Jahren. Danach habe ich wahrscheinlich auch zu schnell gesagt, ich spiele keine Accept-Songs mehr. Gut, dass wir das nicht abgeschafft haben, das wird aber meistens nur bei Festivals stattfinden auch die Nachfrage geht eher in diese Richtung. Dann hab ich auch kein Problem damit, als ‚Dirkschneider’ aufzutreten und wir spielen dann eben nur Accept-Songs.

 

Rockasmurf:

Ist ja auch so, das, wenn man in der Community rumfragt, dann ist für viele halt Dirkschneiders Stimme die Stimme Accepts. Da trennt es auch einfach keiner mehr. Dirkschneider ist ACCEPT und die wollen natürlich auch die Stimme dabei haben.

 

UDO:

Und auf Tour ist es dann U.D.O. und wir spielen dann auch nur U.D.O. Songs. Wenn wir jetzt nach Amerika gehen, dann ist so, das wir da mit Touchdown anfangen werden, jedoch komm ich aber nicht an ‘Balls To The Wall’ vorbei. Das kommt dann auch immer von den Promotern, dass die einfach nicht glauben können, dass U.D.O. in Amerika keine ‚Balls’ spielt. Also spielen wir ihnen zu liebe auch als U.D.O. Songs von Accepts ‘Balls To The Wall’. Da hab ich auch kein Problem damit.

 

 

Rockasmurf:

Du erwähnst es gerade mit ‚Balls’ und Amerika. Hast du das in anderen Ländern auch, dass da bestimmte einzelne Songs immer sein müssen? Man kennt das ja von anderen Veröffentlichungen zum Beispiel aus Japan, dass man da immer 1 bis 2 extra Songs mit draufgepackt hat, weil man denen das irgendwie noch bisschen besser verkaufen wollte, weil da alles so teuer war/ist.

 

UDO:

Veröffentlichungen in Japan speziell habe ich immer gehasst. Bonus Tracks für Japan – da hast du manchmal Songs weggegeben, die man sonst nicht mit veröffentlicht hätte oder in anderem Zusammenhang. Nun gibt es ja auch die Die Hard Fans, die sich die dann auch noch kaufen. Auch die japanische Version.

Komischerweise haben wir das jetzt bei Atomic Fire nicht. Es gibt keine Bonus Tracks für Japan.

 

Rockasmurf:

Da sind dann wieder eher die farblichen Varianten im Vinyl und Deluxe-Boxen, die es für die Sammler gibt.

 

UDO:

Es ist ja so, mittlerweile ist Vinyl ja wieder ganz stark.

 

Rockasmurf:

Ich muss gestehen, ich bin auch wieder dazu zurückgekommen. Also ich habe da die ersten gekauften CDs, die bei mir nicht mehr laufen, die haben sich teilweise zersetzt o.ä., keine Ahnung, und irgendwann habe ich dann auch festgestellt, dass ich ein Idiot gewesen bin, dass ich meine Platten damals auf dem Flohmarkt verkauft hab. Ich könnte mir heute echt in den Arsch beissen.

 

UDO:

Ich hab noch 350 Stück zu Hause stehen, die bleiben auch.

Gott sei Dank hab ich alles schön behalten, da sind Sachen bei, da kriegste ganz viel Geld für heute.

 

Rockasmurf:

Inzwischen ist das tatsächlich so. Ich möchte auch gar nicht darüber nachdenken.

 

UDO:

Wie gesagt, ich finde das toll mit dem Wiederaufleben des Vinyl.

Es ist natürlich auch so, einige Plattenfirmen brauchen da wahnsinnig lange für die Pressungen. Atomic Fire war so clever, die haben 2 eigene Werke, die können selber pressen und müssen sich da nicht so sehr auf andere Presswerke verlassen.

 

Björn:

Stöberst Du noch durch Plattenläden?

 

UDO:

Ja klar! Plattenläden gibt es ja auch mittlerweile wieder mehr. Wenn du da rein gehst und dich umguckst, haben ja viele wieder ganze Wände voll mit Vinyl.

 

Rockasmurf:

Da muss ich ja gleich nachfragen und Werbung machen: wo wir hier ja gerade in Hamburg sind, kann ich Dir da die „Plattenkiste“ hier in Hamburg sehr ans Herz legen. Oder kennst Du die vielleicht sogar schon? Toll sortierter, inhabergeführter Laden, mit einem Chef, der wirklich Ahnung hat.

 

UDO:

Morgen früh bin ich leider schon weg aber danke für den Tipp fürs nächste Mal.

 

Rockasmurf:

Ihr seid auf dem Weg nach Spanien, wenn ich das richtig im Kopf habe?

 

UDO:

Ja, nächste Woche Spanien als ‚Dirkschneider’.Anschließend machen wir eigentlich bis Ende Oktober Festivals.

Es gibt noch ein Festival in Würzburg als ‚Dirkschneider’ und der Rest ist dann schon U.D.O. Dann das letzte Festival am 28. Oktober und am 1. November geht es im Flieger nach Amerika und dann geht auch die Touchdown Tour los.

 

Rockasmurf:

USA oder auch Südamerika?

 

UDO:

USA und Kanada, das geht aber schon bis kurz vor Weihnachten. Wie sind da ziemlich lange unterwegs. Im Anschluss wird die Europa-Tournee angefangen. Ich schätze ich mal so Ende Januar, Anfang Februar, da arbeitet man gerade dran.

 

Rockasmurf:

Ihr seid dann ja auch in einer Tour unterwegs, im wahrsten Sinn des Wortes.

 

UDO:

Ja und nach der Europa Tour – so wie es aussieht – gehen wir direkt nach Südamerika und dann kommen wieder Festivals. Dann werden wir mit Sicherheit – da wir jetzt auch wieder mal nach Japan gekommen sind nach langer Zeit – und das erste Mal in Australien waren, auch da wieder auftauchen. Die Türen dort sind ja jetzt weit offen für uns.

 

Björn:

Aber ist doch auch schön nach der elendigen Corona Pause.

 

UDO:

Ja, das muss ich sagen. Ich dachte da schon, so wäre das also, wenn du jetzt in Rente bist… Aber das ist nicht meine Welt.

 

Rockasmurf:

Nee, da sind andere Leute im jüngeren Alter tatsächlich schon angelangt. Ich meine, Du bist 71. Das ist so ein Alter, in dem andere schon sagen ‘Ich halte mich einfach mal raus. Ich hab keine Lust mehr.’ Aber das ist bei dir so gar nicht er Fall oder?

 

UDO:

Nee, überhaupt nicht. Ich sag mal, ein ganz wichtiger Punkt bei mir ist, wenn es mir keinen Spaß mehr macht, dann werde ich mich wohl verabschieden. Aber ansonsten machen wir immer noch, jetzt wo Peter auch wieder dabei ist, das worauf ich Lust habe.

Warum sollte ich zu Hause sitzen? Das habe ich jetzt lange genug zwangsläufig mitgemacht. Und das will ich nicht. Ein Gitarrist von Alice Cooper sagte einmal, wir machen dann 2 Shows und haben dann 2 Tage off. Dann machen wir vielleicht mal 3, dann wieder 2 Tage off.

Ich fragte: ‚Macht ihr auch mal 5-6 hintereinander?’ Guckte der mich an wie ein Auto!

Ich sag nee, bei mir ist das sowieso ganz komisch… Wenn ich jetzt nur 2 Shows machen würde und dann 2 Tage Pause hätte , ach, ich darf gar nicht darüber nachdenken! Die Stimme ist bei mir wesentlich besser, wenn mehrere Shows hintereinander stattfinden.

 

Rockasmurf:

Du weißt, wie Peter komponiert. Wie ist das jetzt mit euch in Zukunft mit dem Songs erarbeiten in einer Band, wie machst du das? Irgendwie alleine für dich? Sammelst du die Ideen von den anderen mit ein und sagt: Ich bastel da mal was zusammen?

 

UDO:

Im Prinzip funktioniert das so. Erstmal kommen einfach Ideen angeflogen von den Gitarristen. Irgendwas wird mit Sicherheit kommen. Dann geht es in den Proberaum, wir bauen da auf, wo wir aufnehmen können und dann arbeiten wir die ganzen Ideen eigentlich so direkt Face to Face aus. Das ist so das Beste, wie man es machen kann. Und das werden wir mit Sicherheit beim nächsten Album wieder so machen, denn da kommt am meisten bei rum. Alles nur über Links schicken und höre mir das Solo an und dann darfst du ran… Nee, auf Dauer ist das furchtbar.

Das ist so unpersönlich. Viele machen das ja überhaupt nicht mehr so. Ich sag dann bei mir: dann lieber Old School.

 

Rockasmurf:

Von anderen Bands liest man ja gerne mal darüber, dass sie in der ganzen Welt verstreut sind. Der eine eine lebt da, der andere 7000 km entfernt, so dass die einander das zuschicken und dann die einzelnen Parts zusammengeschmissen werden.

Man sieht es bei anderen Bands gerade, dass sie anfangen, ihre alten Sachen wieder neu einzuspielen. Habt ihr das auch vor?

 

UDO:

Nein, Ich fasse unsere alten Sachen nicht an.

Ich wurde gerade drauf angesprochen, ob wir irgendwie die Balls neu einspielen würden. Brauche ich nicht. Da lasse ich mal schön die Finger von, so einfach ist die Sache. Ich glaube, das könnte auch nach hinten losgehen.

 

Rockasmurf:

Schöne Einstellung. Klasse! Ich muss einfach mal sagen, wie sehr ich diese Art des Gespräch mag.

 

UDO:

Oh ja, ich auch! Nicht böse gemeint, aber wenn einer schon nen Zettel rausholt und dann denke ich schon ‘Ach herrje’. Ich bin manchmal ein bisschen gemein, ich sehe dann genau, was er fragen will, und dann beantworte ich schon Fragen in seinem Punkt sieben, die der eigentlich als Nummer 8 stellen will. schmunzelt

 

Rockasmurf:

Bin ja ganz ehrlich. Wie gesagt, ich hab ja die Vorbereitung auch gehabt und hab dann immer hin und her überlegt, welche Fragen kannst du denn jetzt stellen? Ich habe mir dann so 8 Fragen aufgeschrieben und die waren irgendwie mit den ersten beiden Antworten wieder komplett abgearbeitet. Der Zettel brauchte also nicht auf den Tisch.

 

UDO:

Hahaha.

 

Rockasmurf:

Der Rest ist halt dann so: Gucken wir mal, was kommt.

 

UDO:

Ja, ich hab auch lieber sich entwickelnde Gespräche. Irgendwie kommt da mehr bei rum.

Sachen die der Journalist gar nicht erwartet. ch hab da auch keine Probleme mit gewissen Sachen, was ich zu erzählen habe. So Sachen wie, ob ich nen Teleprompter benutze. Ja warum nicht? Ich bin 71, dann hab ich elendig viele Songs, wir schmeisen auch manchmal das Set um, speziell wenn du neue Songs hast. Dann probierst du die ja live aus und manchmal merkt man dann, dass der live dann doch nicht funktioniert. Und dann haben wir Reserve. Das kann man nicht alles auswendig im Kopf haben mit 70. Das ist für mich so ein Sicherheitsding, aber ich guck ja nicht wie einige andere meiner Kollegen pausenlos da drauf.

 

Björn:

Ein Hilfsmittel halt.

 

UDO:

Ja, und dann hat man halt auch mal einen Blackout und dann weißt du halt, dass Du auch wieder rein kommst in den Text.

 

 

Björn:

Eine Frage habe ich auch noch. Was sagst du denn zu dem Sterben der ganzen Festivals?

Ihr solltet ja dieses Jahr eigentlich auf dem ‚Bang Your Head spielen’, das dann leider abgesagt wurde.

 

UDO:

Viele haben ja leider das Problem das im Vorfeld kaum oder zu wenig Tickets verkauft werden. Und es sind ja nicht nur kleinere, guck Dir selbst Rock am Ring an, mit 30% weniger verkauften Tickets, das sind vielfach noch die Nachwehen von Corona.

 

Rockasmurf:

Es hat sich vieles sehr stark gedreht. Wo viele Leute früher bei Konzerten und Festivals den Vorverkauf wie selbstverständlich genutzt haben, gehen sie heute tatsächlich lieber abends los, um zu gucken was wo wann statt findet obwohl sie sich damit selbst auf Dauer selbst schaden. Ohne die Vorverkäufe kann man heute einfach nicht mehr so planen wie vor Corona.

 

Björn:

Ihr habt jetzt das Rock Of Ages gespielt, wo ich selbst leider noch nicht wahr. Aber für das BYH ist es wirklich schade, das war so ein schönes Festival.

 

UDO:

Ja, leider, leider. Das hat mir auch immer sehr gut gefallen, wirklich ein schönes Festival.

 

Björn:

Für mich als Rollstuhlfahrer war da auch ein großer Punkt immer die Rollstuhltribüne, die für mich einfach die geilste in ganz Deutschland war. Das ist natürlich auf vielen Festivals noch nicht ganz so weit. Ist das für euch eigentlich ein Thema, Menschen mit Behinderung?

 

UDO:

Ja, wir kriegen das schon mit und manchmal finde ich das scheiße, wie wenig da gemacht wird. Da sollte man schon ein bisschen auch mehr Rücksicht darauf nehmen, es gibt ja inzwischen soviele Möglichkeiten, sowas dann doch für die betroffenen Leute auch einfacher zu machen, damit diese zum Beispiel erstmal weiter vorne sind, das ihnen eben halt ein bisschen mehr Platz einzuräumen ist. Ich bin zum Beispiel wenn wir jetzt Autogramme geben auch ein Typ, der auf Menschen im Rollstuhl zugeht. Einige Leute im Rollstuhl trauen sich nicht, wenn sie ihre Begleitung dabei haben. Dann komm ich und sag ‘mach mal Foto oder sie kriegen als erstes das Autogramm. Diese Menschen haben natürlich auch die Berechtigungen dabei sein zu dürfen wie alle anderen auch.

 

Björn:

Weil ihr nächstes Jahr auf dem Rockharz spielt… Ich bin da tatsächlich mit Dani und Buddy (Veranstalter vom RockHarz Anm.d. Red.) dabei, ein Projekt zu machen, das Menschen mit Behinderung angeht.

 

UDO:

Finde ich gut! Es ist ja möglich, dass so zu machen, dass der Platz da ist für Rollstuhlfahrer und ja, das gibt es auch keine Entschuldigungen mehr. Das ist alles machbar. Veranstalter können überall V.I.P Areale aufbauen, dann können Sie auch solche Tribüne für Rollis machen.

 

Björn:

Das ist beim RockHarz zum Beispiel absolut super. Die haben, nachdem sie gemerkt haben, dass die Rollstuhltribüne zu klein wurde, da so viele betroffene Leute hinkommen, weil das so gut ist, haben die einfach den VIP-Bereich aufgemacht und kurzerhand die VIP Tribüne zur 2. Rolliplattform gemacht.

 

 

Rockasmurf:

Rollstuhlfahrer ist immer das eine, man darf halt nicht vergessen, dass es auch noch mehr gibt. Viele kommen mit ihren Rollstuhl tatsächlich überhaupt besser zurecht als zum Beispiel jemand der mit einem Rollator unterwegs ist. Oft haben die es tatsächlich schwerer. Das Rock in Rautheim – wo wir Euch dann ja nächstes Jahr auch als Dirkschneider erleben dürfen – ist da natürlich auch wieder so ein schönes Beispiel. Das wird von der Lebenshilfe Braunschweig komplett organisiert, also auch von Menschen mit Behinderungen, die in wirklich allen Bereichen involviert sind, nicht nur als Publikum. Vor allem jetzt auch in der Zusammenarbeit mit dem RockHarz ergeben sich da ganz große Möglichkeiten.

 

UDO:

Wir haben gerade ein Projekt in Argentinien am laufen, da spielt auch die Hautvolee

aus dem Metalbereich mit. Da soll ich zwar nur einen Satz singen, aber das ist so ein Projekt für verarmte Kinder, damit die was zu Essen kriegen, und bei solchen Sachen bin ich auf jeden Fall dabei. Das sollte man auf jeden Fall unterstützen. Jeder nach seinen Möglichkeiten.

 

Rockasmurf:

Klasse. Ich frag mal so in die Runde – Haben wir noch was?

Außer, das wir Dich bzw. Euch nächstes Jahr natürlich gerne live sehen wollen und auf jeden Fall auch werden und das im besten Fall bei bester Gesundheit.

 

UDO:

Das glaube ich schon. Also ich achte da schon darauf. Also ein bisschen jedenfalls,.

 

Rockasmurf:

Ach komm… man redet ja so auch im Vorfeld mit Freunden, das man dieses Interview führen wird. Und eigentlich wollte ich diese Frage nie stellen aber ich tu es jetzt doch, weil es einfach ein schöner Abschluss wäre: Du bist ja weithin als ‘German Tank’ bekannt….

 

UDO:

Klar, da ist noch die Hose übergeblieben, ja.

 

Rockasmurf:

Hast Du denn auch den Panzerführerschein oder warst Du während deiner Bundeswehrzeit mit Panzern unterwegs?

 

UDO:

Nee, tatsächlich nicht, ich war Sanitäter. Ich hab zwar einmal eine Panzerfahrt gemacht, irgendwo im Osten, aber im Großen und Ganzen wäre das nie was für mich gewesen.

 

 

Björn:

Noch ganz schnell und rein aus Blödsinn: Dein Lieblingsessen als Kind?

 

UDO:

Gar nicht so blödsinnig, das ist eine gute Frage!

Ich glaube, das war immer das Möhrengemüse, das meine Mutter gekocht hat.

Also ein gutes Möhren-Untereinander mit Kartoffeln, das macht meine Schwester heute Abend noch für mich. Da kann ich mich noch gut daran erinnern und ich freue mich schon aufs Essen heute Abend.

 

Rockasmurf:

Sehr schön, das mag ich auch. Ich sage dann mal vielen Dank für dieses angenehme Gespräch, mein erstes selbstgeführte Interview. Und nicht gerade kurz.

 

UDO:

Kein Problem. Hab ich gern gemacht. Es war mir eine Freude und hat Spaß gemacht.

 

 

V.l.nr. Björn, Udo, Rockasmurf

v.l.n.r.: Björn ‘MetalRollz’, Udo Dirkschneider, Hauke ‘Rockasmurf’ Jans

 

 

 

 

Autor

  • Rockasmurf

    Zwiebel. Er hat nicht nur einen an selbiger, er kennt auch 1000 Rezepte mit ihr. Hauke Jans bei uns auch liebevoll als Rockasmurf betitelt, ist zudem in der Metalszene als Fotograf und Schreiber unterwegs. Der Hobbykoch, Kuttenträger und hauptberufliche Resopal-Termite - etwas seriöser als Tischler bekannt - liebt handgemachte Musik, besonders im Metal-, Rock, und Bluesbereich. Als Co - Head unseres ROXX Ablegers, will er euch natürlich bei Laune halten und die Clubs, Geheimtipps und Konzerteindrücke mit Witz und Charme näherbringen

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@dorota__music hat ihren Song "place to be" gerade live auf dem Osterstraßenfest zum besten gegeben. Gebt ihr ein Like, denn sie gehört auf die ganz großen Bühnen. Noch spielt sie ein Set mit Cover Songs mit ihrer Band @dory.and.the.guys .

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